Als mich dein Dasein tränenwärts entrückte, Und ich durch dich ins Unermeßne schwärmte, Erlebten diesen Tag nicht Abgehärmte, Mühselig Millionen Unterdrückte? Als mich dein Wandeln an den Tod verzückte, War um uns Arbeit und die Erde lärmte, Und Leere gab es, gottlos Unerwärmte, Es lebten und es starben Niebeglückte! Da ich von dir geschwellt war zum Entschweben, So viele waren, die im Dumpfen stampften, An Pulten schrumpften und vor Kesseln dampften. Ihr Keuchenden auf Straßen und auf Flüssen!! Gibt es kein Gleichgewicht in Welt und Leben, Wie werd' ich diese Schuld bezahlen müssen?!
Kompositionen nach Texten von Franz Werfel
by Carl Orff (1895 - 1982)
1. Als mich dein Wandeln an den Tod verzückte  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Rache  [sung text checked 1 time]
Du, der du keine Gnade kennst, Nicht des Verzeihns Hinregnendes Entzücken, See der Versöhnung nicht Und Hügelrücken Des Opferseins! Der du dich grausam nennst, Eitel und ungerührt durch Stunden rennst, Und Herr dich dünkst In allen Stücken, Der niemals du im Tanz der kleinen Tücken Begeistert am Unendlichen verbrennst. Einst quältest du mich ab mit Macht und Strafen, Doch dieses Herz, zerbittert, als sie trafen, Wie schwebt es jetzt im höchsten Abenteuer! Entschreite nur auf deinen Stärkestelzen! Einst wird dich meine Liebe niederschmelzen Und meine Gnade sei den Höllenfeuer!
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Mondlied eines Mädchens  [sung text checked 1 time]
Ich liege in gläsernem Wachen, Gelöst mein Haar und Gesicht. Am Boden in langsamen Lachen Schwebt Mond, das unselige Licht. Und wie mir die tödliche Helle Die Stirn und das Auge befühlt, Zerrinn ich und bin eine Welle, Gekräuselt, entführt und gespült. Die Mutter atmet daneben, Der Vater schläft auf und ab. Ich habe Angst um das Leben Von allen, die ich lieb hab. Jetzt gehn durch verwachsene Zimmer Erzengel mit schrecklichem Schwert. Ins Ohr weint mit immer, mir immer Ein Kind, das mir nicht gehört. Nachtlampe von tausend Betten Des Leidens, der Mond mir scheint. Ich möchte viel Schluchzendes retten, Und bin es doch selbst, die weint. All Ding im Zimmer verlassen, Der Schuh, und der Tisch und die Wand. Ich möchte das Ferne anfassen, Nur sein eine streichelnde Hand! Ich möchte mit Fröstelnden spielen, Und halten die Kalten im Arm! Ich fühle, die Reichen und Vielen Sind Kinder vor mir und so arm! Für alle muß ich mich sorgen, Mein Schlaf ist gläsern und schwebt... Ich horche, wie in den Morgen Der Atem von Allen sich hebt. Im Fenster wehn Bäume zerrissen, Viel Himmel sind windig in Ruh. Ich decke mit meinen Kissen Die frierenden Welten zu.
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Der gute Mensch  [sung text checked 1 time]
Sein ist die Kraft, das Regiment der Sterne, Er hält die Welt wie eine Nuß in Fäusten, Unsterblich schlingt sich Lachen um sein Antlitz, Krieg ist sein Wesen und Triumph sein Schritt. Und wo er ist und seine Hände breitet, Und wo sein Ruf tyrannisch niederdonnert, Zerbricht das Ungerechte aller Schöpfung, Und alle Dinge werden Gott und eins. Unüberwindlich sind des Guten Tränen, Baustoff der Welt und Wasser der Gebilde, Wo seine guten Tränen niedersinken, Verzehrt sich jede Form und kommt zu sich. Gar keine Wut ist seiner zu vergleichen. Er steht im Scheiterhaufen seines Lebens, Und ihm zu Füßen ringelt sich verloren Der Teufel, ein zertretner Feuerwurm. Und fährt er hin, dann bleiben ihm zur Seite Zwei Engel, die das Haupt in Sphären tauchen, Und brüllen jubelnd unter Gold und Feuer, Und schlagen donnernd ihre Schilde an.
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The good person", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "L'homme bon", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
5. Lächeln, Atmen, Schreiben  [sung text not yet checked]
Schöpfe du, trage du, halte Tausend Gewässer des Lächelns in deiner Hand! Lächeln, selige Feuchte ist ausgespannt All übers Antlitz. Lächeln ist keine Falte, Lächeln ist Wesen vom Licht. Durch die Räume bricht Licht, doch ist es noch nicht. Nicht die Sonne ist Licht, Erst im Menschengesicht Wird das Licht als Lächeln geboren. Aus den tönenden, leicht, unsterblichen Toren, Aus den Toren der Augen wallte Frühling zum erstenmal, Himmelsgischt, Lächelns nieglühender Brand. Im Regenbrand des Lächelns spüle die alte Hand, Schöpfe du, trage du, halte! Lausche du, horche du, höre! In der Nacht ist der Einklang des Atems los, Der Atem, die Eintracht des Busens groß, Atem schwebt Über Feindschaft finsterer Chöre. Atem ist Wesen vom höchsten Hauch, Nicht der Wind, der sich taucht In Weid, Wald und Strauch, Nicht das Wehn, vor dem die Blätter sich drehn... Gottes Hauch wird im Atem der Menschen geboren. Aus den Lippen, den schweren, Verhangen, dunkel, unsterblichen Toren, Fährt Gottes Hauch, die Welt zu bekehren. Auf dem Windmeer des Atems hebt an Die Segel zu brüsten im Rausche Der unendlichen Worte nächtlich beladener Kahn. Horche du, höre du, lausche! Sinke hin, kniee hin, weine! Sieh der Geliebten erdenlos schwindenden Schritt! Schwinge dich hin, schwinde ins Schreiten mit! Schreiten entführt Alles ins Reine, alles ins Allgemeine. Schreiten ist mehr als Lauf und Gang, Der sternenden Sphäre Hinauf und Entlang, Mehr als des Raumes tanzender Überschwang. Im Schreiten der Menschen wird die Bahn der Freiheit geboren. Mit dem Schreiten der Menschen tritt Gottes Anmut und Wandel aus allen Herzen und Toren. Lächeln, Atmen und Schritt Sind mehr als des Lichtes, des Windes, der Sterne Bahn, Die Welt fängt im Menschen an. Im Lächeln, im Atem, im Schritt der Geliebten ertrinke! Weine hin, kniee hin, sinke!
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945), "Lächeln, Atmen, Schreiben"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Litanei eines Kranken  [sung text checked 1 time]
O Lieb und Leid so überein! Gar nichts entzweit Schmerz und Gebein. Nenn ich euch: Zwei, spalt ich das Bin. Trenn ich euch zwei, bin ich dahin. Schmerz, der sich staut, Wächst zur Gestalt. Also gebaut Werden wir alt. Rühr dich nur an, Nerve und Herz, Spür dich nur an, Was bist du? Schmerz! Wohlsein und Ruh Fälscht dein Gesicht, Gleiches Gewicht Sperrt dich nur zu! Doch wem es brennt Innen und zehrt, Der erst erkennt, Der erst erfährt, Der erst erfährt, Der erst erkennt, Zeit, daß sie brennt, Ort, daß er schwärt! Wesen der Zeit, Wesen vom Ort, Zeit, daß sie leiht, Ort, daß er dorrt! Wem nicht gelingt, Nächtlich zu ruhn, Der erst durchdringt Ruhen und Tun. Wer schlaflos starrt In Nähe und Nacht, Dem wird sie hart, Der nur gibt acht. Wen Leere umbraust, Stille umstellt, Hält sich und haust In mitten der Welt. Wem groß sein Atem, Ein Mörder, um geht, Wer daliegt und nah Doch zu Häupten sich steht Wer sich versenkt In den Puls, der rennt, Der ist beschenkt, Der nur erkennt! Gott ist das Lichtmeer Von reißendem Geist, Ist und ist nicht, Ruhet und reist. Doch in der Spur Von Leid, das ihm bleibt, Nur in der Spur Hat er sich verleibt. Er kam in die Zeit Und in Todes Gewalt, Da nahm er das Leid Und das Kreuz zur Gestalt! Und mag ich nun schmähn, Und hab ich geflucht, Ich bin so geschehn, So bin ich gebucht.
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]7. Nacht  [sung text checked 1 time]
O die ihr geht am Abend in euer Zimmer ein, Mit Atem sanftem bleibend und einem Licht allein! Weh, euch, ihr traut Dem Spiegelblick, der höhnisch schaut, Und bergt euch hinter Wänden, Als könnten Wände wenden, Und halten ab das Walten, vor ihnen angestaut. Die Türen gehn von unsichtbaren Händen, Und euer Haus ist ein und aus und in die Welt gebaut. Ihr, die in Mitternächten kehrt spät in eure Betten ein, O Bett, du letzte Heimat, du tiefes altes Allgemein! Wenn ihr durchs Grün' des Schlafes hüpft, Ihr seid nicht fern, ihr seid verknüpft. Durch eure Herzen schleiert leis der Wasserfall, Der Wendekreis, die Venus leicht Um eure Schläfe schlüpft. Von Pol und Strahl und Schuld seid ihr dahingerafft, Der harte Eisenengel geht, Der mit der Lamp euch übers Auge weht, Und fordert ewig, fordert Rechenschaft.
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- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]8. Fremde sind wir  [sung text not yet checked]
Tötet euch mit Dämpfen und mit Messern, Schleudert Schrecken, hohe Heimatworte, Werft dahin um Erde euer Leben! Die Geliebte ist euch nicht gegeben. Alle Lande werden zu Gewässern, Unterm Fuß zerrinnen euch die Orte. Mögen Städte aufwärts sich gestalten, Niniveh, ein Gottestrotz von Steinen? Ach, es ist ein Fluch in unserm Wallen ... Flüchtig muß vor uns das Feste fallen, Was wir halten, ist nicht mehr zu halten, Und am Ende bleibt uns nichts als Weinen. Berge sind, und Flächen sind geduldig ... Staunen, wie wir auf und nieder weichen. Fluß wird alles, wo wir eingezogen. Wer zum Sein noch Mein sagt, ist betrogen. Schuldvoll sind wir, und uns selber schuldig, Unser Teil ist: Schuld, sie zu begleichen! Mütter leben, daß sie uns entschwinden. Und das Haus ist, daß es uns zerfalle. Selige Blicke, daß sie uns entfliehen. Selbst der Schlag des Herzens ist geliehen! Fremde sind wir auf der Erde Alle, Und es stirbt, womit wir uns verbinden.
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- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945), "Fremde sind wir"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]9. Veni creator spiritus  [sung text not yet checked]
Komm heiliger Geist du, schöpferisch! Den Marmor unsrer Form zerbrich, Daß nicht mehr Mauer krank und hart Den Brunnen dieser Welt umstarrt, Daß wir gemeinsam und nach oben Wie Flammen ineinander toben! Tauch auf aus unsren Flächen wund, Delphin von aller Wesen Grund, Alt allgemein und heiliger Fisch! Komm reiner Geist, Du schöpferisch, Nach dem wir ewig uns entfalten, Kristallgesetz der Weltgestalten! Wie sind wir alle Fremde doch! Wie unterm letzten Hemde noch Die Schattengreise im Spital Sich hassen bis zum letzten Mal, Und jeder, eh er ostwärts mündet, Allein sein Abendlicht entzündet, So sind wir eitel eingespannt, Und hocken bös an unserm Rand, Und morden uns an jedem Tisch. Komm heiliger Geist, Du schöpferisch, Aus uns empor mit tausend Flügen! Zerbrich das Eis in unsern Zügen, Daß tränenhaft und gut und gut Aufsiede die entzückte Flut, Daß nicht mehr fern und unerreicht Ein Wesen um das andre schleicht, Daß jauchzend wir in Blick, Hand, Mund und Haaren, Und in uns selbst Dein Attribut erfahren! Daß, wer dem Bruder in die Arme fällt, Dein tiefes Schlagen süß am Herzen hält, Daß, wer des armen Hundes Schaun empfängt, Von deinem weisen Blicke wird beschenkt, Daß alle wir in Küssens Überflüssen Nur deine reine, heilige Lippe küssen!
Authorship:
- by Franz Viktor Werfel (1890 - 1945), "Veni creator spiritus", appears in Einander
Based on:
- a text in Latin by Rabanus Maurus Magnentius, Archbishop of Mainz (c784 - 856), Pentecost hymn
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Confirmed with Franz Werfel, Einander, Kurt Wolff Verlag, Leipzig & München, 1915.
Researcher for this page: Bertram Kottmann