Nun, da der Tag des Tages müde ward, und aller Sehnsucht Bäche von neuem Trost plätschern, auch alle Himmel, aufgehängt in Gold-Spinnetzen, zu jedem Müden sprechen: "Ruhe nun!" - Was ruhst du nicht, du dunkles Herz, was stachelt dich zu fußwunder Flucht... Wes harrest du?
Sechs Gedichte von Friedrich Nietzsche
by Wolfgang Michael Rihm (b. 1952)
1. Der Einsamste  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), "Der Einsamste", written 1884
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Le solitaire", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
2. Der Herbst  [sung text checked 1 time]
Dies ist der Herbst: der -- bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort! -- Die Sonne schleicht zum Berg Und steigt und steigt und ruht bei jedem Schritt. Was ward die Welt so welk! Auf müd gespannten Fäden spielt Der Wind sein Lied. Die Hoffnung floh -- Er klagt ihr nach. Dies ist der Herbst: der -- bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort! Oh Frucht des Baums, Du zitterst, fällst? Welch ein Geheimnis lehrte dich Die Nacht, Daß eis'ger Schauder deine Wange, Die purpur-Wange deckt? -- Du schweigst, antwortest nicht? Wer redet noch? -- -- Dies ist der Herbst: der -- bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort! - "Ich bin nicht schön -- so spricht die Sternenblume -- Doch Menschen lieb' ich Und Menschen tröst' ich -- Sie sollen jetzt noch Blumen sehn, Nach mir sich bücken Ach! und mich brechen -- In ihrem Auge glänzet dann Erinn'rung auf, Erinnerung an Schöneres als ich: -- -- ich seh's, ich seh's -- und sterbe so." -- Dies ist der Herbst: der -- bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort!
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), "Der Herbst", written 1877
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Confirmed with Nietzsche's Werke. Taschen-Ausgabe, Band VI. Die fröhliche Wissenschaft. Aus dem Nachlaß 1871-1888. Von Friedrich Nietzsche, Leipzig, C. G. Naumann Verlag, 1906, pages 400-401.
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]
3. Der Wandrer  [sung text checked 1 time]
Es geht ein Wand'rer durch die Nacht Mit gutem Schritt; Und krummes Tal und lange Höhn - Er nimmt sie mit. Die Nacht ist schön - Er schreitet zu und steht nicht still, Weiß nicht, wohin sein Weg noch will. Da singt ein Vogel durch die Nacht. "Ach Vogel, was hast du gemacht! Was hemmst du meinen Sinn und Fuß Und gießest süßen Herz-Verdruß In's Ohr mir, daß ich stehen muß Und lauschen muß - Was lockst du mich mit Ton und Gruß?" Der gute Vogel schweigt und spricht: "Nein, Wandrer, nein! Dich lock' ich nicht Mit dem Getön. Ein Weibchen lock' ich von den Höhn - Was geht's dich an? Allein ist mir die Nacht nicht schön - Was geht's dich an? Denn du sollst gehn Und nimmer, nimmer stille stehn! Was stehst du noch? Was tat mein Flötenlied dir an, Du Wandersmann?" Der gute Vogel schwieg und sann: "Was tat mein Flötenlied ihm an? Was steht er noch? Der arme, arme Wandersmann!"
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Michael P Rosewall) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
4. Der Wandrer  [sung text not yet checked]
"Kein Pfad mehr! Abgrund rings und Totenstille!" Vom Pfade wich dein Wille! Nun, Wandrer, gilts! Nun blicke kalt und klar! Verloren bist du, glaubst du an Gefahr.
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), "Der Wandrer"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Der Wanderer und sein Schatten  [sung text checked 1 time]
Nicht mehr zurück? Und nicht hinan?
Auch für die Gemse keine Bahn?
So wart' ich hier und fasse fest,
was Aug' und Hand mich fassen läßt!
Fünf Fuß breit Erde, Morgenroth,
unter unter mir - Welt, Mensch und Tod!
[ ... ]
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), "Der Wandrer und sein Schatten"
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Researcher for this page: Caroline Diehl6. Venedig  [sung text checked 1 time]
An der Brücke stand jüngst ich in brauner Nacht. Fernher kam Gesang; goldener Tropfen quoll's über die zitternde Fläche weg. Gondeln, Lichter, Musik - trunken schwamm's in die Dämmrung hinaus ... Meine Seele, ein Saitenspiel, sang sich, unsichtbar berührt, heimlich ein Gondellied dazu, zitternd vor bunter Seligkeit. - Hörte [ihr jemand]1 zu?
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), "Venedig", appears in Ecce Homo
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "Venice", copyright ©
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Venise", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
1 Herz, Pejačević, Zimmermann: "jemand ihr"
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]