Abermahl ein Theil vom Jahre, Abermahl ein Tag vollbracht; Abermahl ein Bret zu Baare Und ein Schritt zur Gruft gemacht, Also nähert sich die Zeit Nach und nach der Ewigkeit, Also müßen wir auf Erden Zu dem Tode reifer werden. Herr und Schöpfer aller Dinge, Der du mir den Tag verliehn, Höre, was ich thränend singe, Las mich würdig niederknien: Nimm das Abendopfer hin, Das ich heute schuldig bin; Denn es sind nicht schlechte Sünden, Welche mich darzu verbinden. Treuer Vater, deine Güte Heißet überschwenglich groß, Drum erquicke mein Gemüthe, Sprich mich ledig, frey und los. Gieb der Buße stets Gehör, Denn dein Knecht verspricht nunmehr, Dein Geseze, deinen Willen Nach Vermögen zu erfüllen. Das Verdienst der vielen Wunden, Die mein Heiland scharf gefühlt, Hat in seinen Todesstunden Deine Zornglut abgekühlt. Schweig, wenn dieses Lösegeld Meiner Schuld die Waage hält, Und beschicke mich im Schlafe Durch kein Aufboth deiner Strafe. Las mich an der Brust erwarmen, Die am Creuze nackend hing; Wiege mich in deßen Armen, Der den Schächer noch umfing; Stelle mir der Engel Chor Als die beste Schildwacht vor! Satan möchte sonst ein Schröcken In der Finsternüß erwecken. Schüze den, der meiner Liebe An das Herz gebunden ist, Daß kein Fall sein Ohr betrübe, Das vielleicht den Seiger mißt. Stärck ihm den betrübten Geist, Wenn er bittre Salsen speist, Und las noch in diesem Leben Uns einander wiedergeben. Trag das Alter meiner Eltern Auf den Flügeln deiner Hut, Tritt vor sie die Schwachheitskeltern; Mehre derer Hab und Gut, Die mir jemahls Guts gethan; Nimm dich meiner Freundschaft an Und verzeih den Lästerzungen, Über die ich oft gesprungen. Seegne die gerechten Wafen Deiner werthen Christenheit, Uns den Frieden herzuschafen, Den der Feind zu stehlen dräut; Halt den Schatten rechter Hand Über unser Vaterland, Daß die drey berühmten Plagen Weder Vieh noch Völcker schlagen. Gute Nacht, ihr eitlen Sorgen; Ich begehre meiner Ruh. Jesus schließet bis auf morgen Auge, Thür und Kammer zu. Sanftes Lager, sey gegrüßt, Weil du deßen Vorbild bist, Das ich dermahleinst im Grabe Sicher zu gewarthen habe.
Zwei ernste Gesänge
Song Cycle by Rudi Stephan (1887 - 1915)
1. Am Abend  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Johann Christian Günther (1695 - 1723), "Abendlied"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (Henry Sandwith Drinker, Jr.) , "At evening", copyright ©
2. Memento vivere  [sung text not yet checked]
Ich ritt einmal im Dunkeln Spät durch ein enges Thal; Die Nacht war still und traurig, Ich still und traurig zumal. Ich dachte der wenigen Freunde, Die ich auf Erden fand, Ich dachte derer vor Allen, Die schon bedeckt der Sand. Da scholl's, wie Geisterstimme, Vom düstern Berg herab: Mensch, freu' dich heut' des Lebens, Denn morgen geht's in's Grab. War es ein Hirtenknabe, Der jene Worte sang -- Ich weiß es nicht, sie gingen Mir durch die Seele bang. Einst hatt' ich sie vernommen Aus eines Bruders Mund, Da trank er meine Gesundheit, Jetzt lag er im kühlen Grund.
Authorship:
- by (Christian) Friedrich Hebbel (1813 - 1863), "Memento vivere", appears in Gedichte, in 3. Vermischte Gedichte
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Confirmed with Gedichte von Friedrich Hebbel. Gesammt-Ausgabe stark vermehrt und verbessert, Stuttgart und Augsburg, J. G. Cotta'scher Verlag, 1857, pages 233-234.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]