by Detlev von Liliencron (1844 - 1909)
Schmetterlinge
Language: German (Deutsch)
De Welt is vull Pien Un jeder het sien. Schmetterling, du reizend Ding, Wie hold du bist. Heut fand ich dich, ja fand ich dich, Ich fand dich auf dem Mist. Schmetterling -- Seele -- Unsterblichkeit -- Bald aus dem dunklen Tal In Gottes Frieden Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die Rieseneule Qual Breitet beschattend die Flügel Über die Erde, Über die ganze Erde aus. Durch die Dämmerung Schwebt ein weißer Schmetterling: Was geht mich das Elend an. Über eine Wiege Gaukelt ein blauer Schmetterling; Zwei Händchen Langen ihm nach -- vergebens. Über eine Wiege Gaukelt ein blauer Schmetterling; Kein Patschen rührt sich, Das Kind ist tot, Der Sommervogel ruht sich Auf den geschlossenen Händchen aus. In einer Geisblattlaube Saßen zwei Liebende. Zwei bunte Schmetterlinge, Sich übertaumelnd, Zogen über sie fort. In den Himmel? Über ein Schlachtfeld Flatterte ein Schwalbenschwanz. Das Blut hielt er für Rosen: Ach, wie viele schöne rote Rosen Hat die Erde. Casca stieß zuerst; Die anderen Mörder schickten Ihre Dolche Wettkampfwütend hinterher, Und Cäsar fiel. Balgen sich dort Knaben Um einen Apfel, Fragte ein Totenkopf Seinen ihm begegnenden Freund. Beide flogen belustigt weiter. Keine Hilfe mehr, kein Ausweg, Keiner, keiner, der ihr liebevoll Trost sprach, Und das arme Mädel ertränkte sich. Auf den Wassern, Emporgetaucht, Lag das schöne Kind. Das ist eine Teichlilie, dachte Über sie weg steuernd Ein Pfauenauge. Aus einem sonnigen Strandgarten Verflog sich aufs Meer Ein Ligusterschwärmer. Seine Kraft erlahmte, Er sank: Daß es auch Unbequemlichkeiten Im Leben gibt, hätt ich nicht geglaubt. Und eine Welle Schlug über ihm zusammen. Ein glückloser deutscher Dichter, Den sein Volk abgelehnt, Ließ sich in der Haide Auf einem Stein nieder Und vergrub sein Gesicht in die Hände: "Es geht nicht mehr, Es geht wirklich nicht mehr; Brot brauch ich wie alle andern Menschen." Ein Zitronenfalter setzte sich Auf seinen Hut: Schaff dir doch Flügel an wie ich, Du dummer Mensch, Trinke Tau, Nähre dich mit Blumenstaub, Das kostet nichts. Hannibal, einäugig, auf dem Elefanten, Das Genie. Über ihn fort hastet Ein Adonis: Welch ein gewaltiges Geschöpf, Sein Fuß tritt die Erde tot. Er meinte den Elefanten, Den Punier hatte er übersehen. Nach Walhalla hatte sich Ein prächtiger Kaisermantel verirrt. Bald hier, bald dort schmückte er Das blonde Haar der Heldenbringerinnen. Dann sog er behaglich Am Metbecher Odins. Als aber die Guten anfingen, Sich untereinander zu boxen, Riß er entsetzt aus: Wie? Was? He? Keilerei also auch hier oben? Ein warmer Septembertag. In den Sonnenschein hinein haben sie ein schwindsüchtiges, todkrankes Mädchen getragen. Ihre letzte Stunde schien gekommen. Mit geschlossenen Augen lag sie, eingehüllt in Decken, halbbeschattet von einem Regenschirm, in einem Lehnstuhl vor dem Hause. Plötzlich klingt ein lustiger Marsch. Durch das Städtchen ziehen hellblaue Husaren zum Manöver. Der junge, rotwangige Rittmeister, das Einglas im Auge, läßt vor der Schwadron sein Pferd tänzeln. Als er die Ärmste erblickt, werden seine Züge ernst. Mit der Hand winkt er den Trompetern, abzusetzen. Auch den beginnenden Gesang verhindert er. Die Husaren, wenn sie, einer nach dem anderen, vorbeikommen, biegen sich im Sattel neugierig ein wenig nach der Seite, wo die Unglückliche schläft. Sie ahnen nicht, was es zu sehen gibt. Die treuen, frischen, lachenden Gesichter verändern sich in herzliches Mitgefühl. Ein fuchsroter Falter tändelt über die nickenden Pferdeköpfe nach dem Siechenlager: Die spielt wohl Verstecken hinter ihrem Schirm? Erst fern auf der Landstraße setzt die Musik wieder ein. Ganz schwach klingt sie zurück ins Städtchen. Das Mädchen öffnet groß die Augen. In den Wolken hört sie Violinen und Flöten. Und sie senkt das Haupt und ist bei Gott.
Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Schmetterlinge" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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- Also set in German (Deutsch), [adaptation] ; composed by Alexander Zemlinsky, Wim Zwaag.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2013-12-14
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