by Emanuel von Geibel (1815 - 1884)
Ich hatt' ein Bildnis wunderfein
Language: German (Deutsch)
Ich hatt' ein Bildnis wunderfein, Mit zarten Farben ausgemalt, Das hat mit seinem bunten Schein Gar lieb ins Auge mir gestrahlt; Ich hielt es ganz für mich allein, Und wo ich war, da mußt' es sein. Tags stand's an meiner Arbeitsstätte, Zu Nacht hing's über meinem Bette, Und selbst in meinem schönsten Traum Wie hold es blüht', ihr glaubt es kaum. Da dachten die Leute in der Stadt: »Was der wohl so Besondres hat!« Kamen herbei von allen Enden, Betasteten es mit plumpen Händen, Hielten es gegen Feuer und Licht, Ob auch die Farben in der Richt, Wischten am Firnis hier und dort Und hingen's dann an seinen Ort. Die Leute sind ein eigen Geschlecht, Meinen, sie hätten vollkommen recht, Sagen, mir bliebe das Bild ja doch, Und ich auch sei derselbe noch; Ich aber schlage die Augen nieder, Und wenn ich auf mein Kleinod seh, Tut's mir im tiefsten Herzen weh; Der Schmelz ist hin und kommt nicht wieder.
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Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Von Dingen, die man nicht antasten soll", appears in Jugendgedichte, in 2. Zweites Buch, in Berlin [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Heinrich August Marschner (1795 - 1861), "Was man nicht antasten soll", op. 134 no. 4, published 1846 [ tenor or soprano and piano ], from Sechs Gedichte von E. Geibel, für Tenor oder Sopran mit Pianoforte, no. 4, Leipzig, Hofmeister [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2014-01-06
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