by Gottfried Keller (1819 - 1890)
Im Herbst verblichen liegt das Land
Language: German (Deutsch)
Im Herbst verblichen liegt das Land, Und durch die grauen Nebel bricht Ein blasser Strahl vom Waldesrand, Den Mond doch selber sieht man nicht. Doch schau! der Reif wird Blütenstaub, Ein Lorbeerhain der Tannenwald, Das falbe, halb erstorbne Laub Wie bunte Blumenwogen wallt! Ist es ein Traumbild, das mir lacht? Ist's Frühlingstraum vom neuen Jahr? Die Freiheit wandelt durch die Nacht Mit wallend aufgelöstem Haar! Und wandelnd späht sie rings und lauscht, Die bleiche, hohe Königin, Und ihre Purpurschleppe rauscht Leis über dunkle Gräber hin. Sie hat gar eine reiche Saat Verborgen in der Erde Schoß; Sie forscht, ob die und jene Tat Nicht schon in grüne Halme sproß. Sie drückt ein Schwert an ihre Brust, Das blinkt im weißen Dämmerlicht; Sie bricht in wehmutvoller Lust Manch blutiges Vergißmeinnicht. - Es ist auf Erden keine Stadt, Es ist kein Dorf, deß stille Hut Nicht einen alten Kirchhof hat, Darin ein Freiheits-Märt'rer ruht.
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Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "In Duft und Reif", appears in Gesammelte Gedichte, in Buch der Natur [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Othmar Schoeck (1886 - 1957), "Vision", op. 63 (1949). [men's chorus, orchestra] [text not verified]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2006-12-14
Line count: 28
Word count: 152