by Georg Herwegh (1817 - 1875)
Heidenlied
Language: German (Deutsch)
Wie lebten doch die Heiden So herrlich und so froh! Das war ein Volk von Seiden, Wir sind ein Volk von Stroh; Entführt' ein Ochs ein schönes Kind Zuweilen auch - doch glaubet mir - : Die Heiden waren nicht so blind, Nicht halb so blind als wir. Die Heiden, 's ist doch schade Um solch ingenium; Sie hießen Vier gerade Und nahmen Fünf für krumm; Auch hatt die Jungferschaft ein End, Sobald die Magd ein Kind gebar, Dieweil das N. T. Noch nicht erfunden war. Sie taten, was sie mochten, Die Frechheit war enorm; Sie siegten, wenn sie fochten, Auch ohne Uniform; Sie hatten keine Polizei Und tranken lieber Wein als Bier, Wie waren doch die Heiden frei, Die Heiden! - aber ihr? Und von Achill und Hektor, Wie's im Homerus steht, Bis zu dem letzten Rektor Der Universität, Da gab's kein Buch in ganz Athen - O schreckliche Verworfenheit! Man wurde vom Spazierengehn Und von der Luft gescheit. Wie wussten sie die Tatzen Den Pfaffen abzuhaun! Die durften nur nach Spatzen, Nicht nach den Weibern schaun; Den Prinzen gar erging es schlecht, Die fanden kaum ein Nachtquartier; Wie hatten doch die Heiden Recht, Die Heiden! - aber ihr? Die Heiden, ach! die Heiden, Die keine Christen sind, - Sie spinnen doch die Seiden Für manch ein Christenkind; Drum lebe hoch das Heidenpack Und jeder echte Heidenstrick, Homerus mit dem Bettelsack Und ihre Republik!
Authorship:
- by Georg Herwegh (1817 - 1875), "Heidenlied" [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Wilhelm Baumgartner (1820 - 1867), "Heidenlied", op. 27 (Acht humoristischen Lieder) no. 8 (1855) [ voice and piano ] [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2007-10-01
Line count: 48
Word count: 235