by Heinrich Heine (1797 - 1856)
Und als ich an die Rheinbrück kam
Language: German (Deutsch)
Und als ich an die Rheinbrück kam, Wohl an die Hafenschanze, Da sah ich fließen den Vater Rhein Im stillen Mondenglanze. Sey mir gegrüßt, mein Vater Rhein, Wie ist es mir ergangen? Ich habe oft an dich gedacht, Mit Sehnsucht und Verlangen. So sprach ich, da hört' ich im Wasser tief Gar seltsam grämliche Töne, Wie Hüsteln eines alten Manns, Ein Brümmeln und weiches Gestöhne: "Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb, Daß du mich nicht vergessen; Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht, Mir ging es schlecht unterdessen. "Zu Biberich hab' ich Steine verschluckt, Wahrhaftig, sie schmeckten nicht lecker! Doch schwerer liegen im Magen mir Die Verse von Niklas Becker. "Er hat mich besungen, als ob ich noch Die reinste Jungfer wäre, Die sich von niemand rauben läßt Das Kränzlein ihrer Ehre. "Wenn ich es höre, das dumme Lied, Dann möcht ich mir zerraufen Den weißen Bart, ich möchte fürwahr Mich in mir selbst ersaufen! "Daß ich keine reine Jungfer bin, Die Franzosen wissen es besser, Sie haben mit meinem Wasser so oft Vermischt ihr Siegergewässer. "Das dumme Lied und der dumme Kerl! Er hat mich schmählich blamiret, Gewissermaßen hat er mich auch Politisch kompromittiret. "Denn kehren jetzt die Franzosen zurück, So muß ich vor ihnen erröthen, Ich, der um ihre Rückkehr so oft Mit Thränen zum Himmel gebeten. "Ich habe sie immer so lieb gehabt, Die lieben kleinen Französchen - Singen und springen sie noch wie sonst? Tragen noch weiße Höschen? "Ich möchte sie gerne wiedersehn, Doch fürcht' ich die Persifflage, Von wegen des verwünschten Lieds, Von wegen der Blamage. "Der Alphred de Müsset, der Gassenbub, Der kommt an ihrer Spitze Vielleicht als Tambour, und trommelt mir vor All seine schlechten Witze." So klagte der arme Vater Rhein, Konnt sich nicht zufrieden geben. Ich sprach zu ihm manch tröstendes Wort, Um ihm das Herz zu heben: O, fürchte nicht, mein Vater Rhein, Den spöttelnden Scherz der Franzosen; Sie sind die alten Franzosen nicht mehr, Auch tragen sie andere Hosen. Die Hosen sind roth und nicht mehr weiß, Sie haben auch andere Knöpfe, Sie singen nicht mehr, sie springen nicht mehr, Sie senken nachdenklich die Köpfe. Sie philosophiren und sprechen jetzt Von Kant, von Fischte und Hegel, Sie rauchen Tabak, sie trinken Bier, Und manche schieben auch Kegel. Sie werden Philister ganz wie wir Und treiben es endlich noch ärger; Sie sind keine Voltairianer mehr, Sie werden Hengstenberger. Der Alphred de Müsset, das ist wahr, Ist noch ein Gassenjunge; Doch fürchte nichts, wir fesseln ihm Die schändliche Spötterzunge. Und trommelt er dir einen schlechten Witz, So pfeifen wir ihm einen schlimmern, Wir pfeifen ihm vor was ihm passirt Bei schönen Frauenzimmern. Gieb dich zufrieden, Vater Rhein, Denk' nicht an schlechte Lieder, Ein besseres Lied vernimmst du bald - Leb wohl, wir sehen uns wieder.
L. Lehrman sets stanza 1
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Authorship:
- by Heinrich Heine (1797 - 1856), no title, appears in Deutschland. Ein Wintermärchen, no. 5 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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This text (or a part of it) is used in a work
- by Leonard J[ordan] Lehrman (b. 1949), "Köln", op. 72 no. 2, published 1984 [male voice and piano], from Ein Wanderer durch Deutschland, nach Heines Wintermärchen (A Wanderer through DEUTSCHLAND after Heine's Wintermärchen), no. 2
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- Also set in English, a translation by Leonard J[ordan] Lehrman (b. 1949) , stanza 1 [an adaptation] ; composed by Leonard J[ordan] Lehrman.
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- ENG English (Leonard J[ordan] Lehrman) , stanza 1 [an adaptation]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2010-09-14
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