by Eduard Rudolf Grisebach (1845 - 1906)
Der junge lenz ist abgeblüht
Language: German (Deutsch)
Der junge lenz ist abgeblüht verblüht sind veilchen und syringen, auch sind die schmetterlinge todt, die einst an ihren kelchen hingen. Des kirschbaums weisser blütenschnee ist längst verwelkt und abgefallen, es füttern ihre jungen schon die stummgewordnen nachtigallen. Und dort die berge, düstergrün, sie sehn zu ihren füssen schwellen das volle korn in ährenpracht wie eines meers smaragdne wellen. Im park blüht golden, weiss und roth der rosen heilige familie, berauschend duftet der jasmin, in knospen aber steht die lilie. -- Dein [herz]1 ist auch dahingeblüht, es blühte, ach, für einen andern, verstohlen nur muss ich mit dir durch diesen süssen sommer wandern. Doch eine rose blühst du noch, o frau mit reizend schlankem leibe, wie einer lilie nah ich dir, wie einem unberührten weibe. Du hast des holden kindes herz, das dir, nicht deinem gatten ähnlich, und doch, schaut mich dein auge an, dann schlägt mein herz so wild und sehnlich; Und wie jasmin berauschen mich die duftarome deiner locken, und deines mundes heisser hauch macht meiner seele athem stocken. Den kuss von gestern fühl ich noch auf meinen durstgen lippen brennen, beim himmel! diesen augenblick darf auch kein engel sünde nennen. [Was]2 ich im ersten kuss verbrach, wir sühnen es durch einen zweiten: wie bald ist lenz und leben hin und alle ihre seligkeiten! Doch ob mein herz vor wonne hüpft, still wird die brust ihr glück bewahren, stumm ist mein mund, kein menschenohr soll unsre heimlichkeit erfahren. Du bleicher, üppiger jasmin, unschuldge lilie, lippenrosen, drum wiegt mich ein in duft und rausch, eh die novemberstürme tosen. -- Man sagt: wer eine nacht geruht, umarmt von blühendem jasmine, dem hab im traum die stirn geküsst die todesgöttin Proserpine. Ach, stürbe solchen tod dein freund, hätt er gelebt sein schönstes leben -- mein blasser, duftiger jasmin, du kannst mir tod und leben geben!
P. Geisler sets stanzas 1-2, 5, 10
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View original text (without footnotes)Note: Geisler capitalizes the nouns; the poet does not.
1 Geisler: "Lenz"
2 Geisler: "Und was"
Authorship:
- by Eduard Rudolf Grisebach (1845 - 1906), no title, appears in Der neue Tanhäuser (1871), no. 28, first published 1871 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Paul Geisler (1856 - 1919), "Der junge Lenz ist abgeblüht", stanzas 1-2,5,10 [tenor and orchestra or piano], from Sansara für Chor, Soli und Orchestra, no. 5, the piano reduction by Friedrich Spiro was published in 1889 by Raabe & Plothow, Berlin [text verified 1 time]
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
This text was added to the website: 2012-01-20
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