by Heinrich Seidel (1842 - 1906)
Der Vertraute
Language: German (Deutsch)
Aller sehr verliebten Seelen Sitte ist's, den Mond zu fragen. Wenn sie sich in Sehnsucht quälen, Soll vom fernen Lieb er sagen. Neulich fragt ich ihn: "Du gutes, Silberhelles Aug' der Nächte, Sieh', ich bin verlegnen Muthes, Ob mein Lieb auch mein gedächte. "Sonst auf ihrem Kammerfenster Sah ich oft dein mild Gefunkel, Wenn, zur Stunde der Gespenster Ich dort unten stand im Dunkel. "Meine ganze Liebe hast du Damals, Mond, erschauen müssen; Auch in jener Laube sahst du All die rothen Küsse küssen. "Ach, du kennst ja die Geschichte. Sprich nun, ist sie treu gewesen? Lass aus deinem Angesichte Freundlich mich die Antwort lesen." Doch der runde Mond -- bedächtig Schaute er auf mich hernieder! Und mir war, als wenn verdächtig Zwinkten seine Augenlieder.
Confirmed with Gesammelte Schriften von Heinrich Seidel, siebenter Band: Glockenspiel, fünftes Tausend, Leipzig: A. G. Liebeskind, 1893. Appears in Lieder, pages 167 - 168.
Authorship:
- by Heinrich Seidel (1842 - 1906), "Der Vertraute", appears in Glockenspiel: Gesammelte Gedichte, in Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by (Friedrich) August Bungert (1845 - 1915), "Der Vertraute", op. 28 no. 1, published 1884 [ men's chorus a cappella ], from Mondschein-Lieder für Männerchor, no. 1, Berlin, Luckhardt Verlag [sung text not yet checked]
- by Fritz Kauffmann (1855 - 1934), "Der Vertraute", op. 26 (Fünf Lieder für 1 Singstimme mit Pianofortebegleitung) no. 4, published 1894 [ voice and piano ], Berlin, Paez [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2019-02-25
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