by Martin Drescher (1863 - 1920)
Bettelleut'
Language: German (Deutsch)
Weißt du noch, Trude, wie wir Hochzeit machten, wie wir gemeinsam unser'n dürft'gen Kram, die sieben Sachen, in die Kammer brachten und Ordnung schufen, bis der Abend kam? Dann setzten wir uns, dass sich Gott erbarme, gleich Waisenkindern ernst und stumm zu Tisch. Auf einmal lagst du lachend mir im Arme, so schlank, so leicht, so'n rechter Flederwisch! Weißt du noch, Trude, wie die Jahre gingen, wie schwer die Lebenswanderschaft uns ward? Wir wollten uns ein mäßig Glück erzwingen; wir zwangen's nicht, die Zeit war allzu hart. Weißt du noch, wenn ich mürrisch, abgetrieben zu dir aufs Lager hundemüde kroch? Wir hatten nichts als unser bisschen Lieben, die wilden Küsse - Trude, weißt du noch? Denkst du der Nacht noch? In des Herzens Tiefe getroffen lag ich matt und krank und wund. Du schwiegst, du lauschtest, dachtest, dass ich schliefe und küsstest mich ganz sanft auf Stirn und Mund. Da wusst' ich's: Wenn uns beiden sonst nichts bliebe als unser nacktes Dasein, einerlei! Wir haben immer noch das bisschen Liebe, wir Bettelleute, Trudel, wir - wir zwei!
Authorship:
- by Martin Drescher (1863 - 1920) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Emil Nikolaus von Rezniček (1860 - 1945), "Bettelleut'" [ voice and piano ], from 3 Gedichte von Martin Drescher, no. 2 [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
This text was added to the website: 2022-03-28
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Word count: 177