by Dietrich Ernst Georg Spiegel, Freiherr von Pickelsheim (1737 - 1789)
An Daphne
Language: German (Deutsch)
Eins nur, Daphne, Seelengröße, Gibt dem Menschen Werth und Ruh'! Keine Schönheit deckt die Blöße Misgeschaffner Seelen zu. Leichtsinn ist die erste Quelle Jedes Unglücks, das euch droht! Unschuld bietet auf der Stelle Seraphsarm in aller Noth. Ja, der erste Schritt ist alles: Denn ist dieser fehlgethan, O so nimmt des nahen Falles Sich dein Schutzgeist nicht mehr an! Tugend ist keine leerer Nahme; Kein geträumtes Hirngespinnst. In der Tugend keimt der Saame Zum erhabensten Gewinst! Zu des Herzens Ruh' hienieden, Zu den Freuden jener Welt, Und zum ungestörten Frieden, Der im Sturm das Steuer hält. Sie begleite dich auf Erden Durch der Schmeichler feile Brut, Durch des Dornenpfads Beschwerden, Durch der Freuden Ebb' und Fluth! Schönheit, Sanftmuth, Hang zur Tugend, Macht mit Engeln dich verwandt, Schützt die Rosen deiner Jugend Vor der Zeiten Unbestand! Solchen Reize wiederstehet Niemand, der fürs Edle glüht; Reiz, durch Tugenden erhöhet Ist dem Himmel aufgeblüht. O Bewußtseyn eigner Würde, Welch ein göttliches Gefühl! Unsres Lebens schwerste Bürde, Macht es leicht, wie Puppenspiel! Und gesellt uns zu den Schatten Unsrer Lieben ohne Schmerz: Denn von Allem, was wir hatten, Folgt uns nur ein fühlend Herz!
Confirmed with Lyrische Anthologie, fünfter Theil, ed. by Friedrich Matthisson, Wien: in Commission bey Anton Doll, 1804, pages 171 - 172.
Authorship:
- by Dietrich Ernst Georg Spiegel, Freiherr von Pickelsheim (1737 - 1789), "An Daphne" [author's text checked 1 time against a primary source]
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