"Ich muß zu Feld, mein Töchterlein, Und Böses dräut der Sterne Schein: Drum schaff Du mir ein Notgewand, Du Jungfrau, mit der zarten Hand!" "Mein Vater, willst Du Schlachtgewand Von eines Mägdleins schwacher Hand? Noch schlug ich nie den harten Stahl, Ich spinn' und web' im Frauensaal." "Ja, spinne Kind, in heil'ger Nacht! Den Faden weih' der höllischen Macht! Draus web ein Hemde lang und weit! Das wahret mich im blut'gen Streit". In heil'ger Nacht im Vollmondschein Da spinnt die Maid im Saal allein. "In der Hölle Namen!" spricht sie leis'; Die Spindel rollt in feurigem Kreis. Dann tritt sie an den Webestuhl, Und wirft mit zager Hand die Spul': Es rauscht und saust in wilder Hast, Als wöben Geisterhände zu Gast. Als nun das Heer ausritt zur Schlacht, Da trägt der Herzog sondre Tracht, Mit Bildern, Zeichen, schaurig, fremd, Ein weißes, weites, wallendes Hemd. Ihm weicht der Feind wie einem Geist. Wer böt' es ihm, wer stellt ihn dreist, An dem das härteste Schwert zerschellt, Von dem der Pfeil auf den Schützen prellt? Ein Jüngling sprengt ihm vors Gesicht: "Halt, Würger, halt! Mich schreckst du nicht. Nicht rettet dich die Höllenkunst: Dein Werk ist tot, dein Zauber Dunst." Sie treffen sich und treffen gut: Des Herzogs Nothemd trieft von Blut; Sie hau'n und hau'n sich in den Sand Und jeder flucht des andern Hand. Die Tochter steigt hinab ins Feld: "Wo liegt der herzogliche Held?" Sie find't die todeswunden Zwei: Da hebt sie wildes Klaggeschrei. "Bist du's, mein Kind? Unsel'ge Maid, Wie spannest du das falsche Kleid? Hast du die Hölle nicht genannt? War nicht jungfräulich deine Hand?" "Die Hölle hab' ich wohl genannt, Doch nicht jungfräulich war die Hand; Der dich erschlug, ist mir nicht fremd: So spann ich, weh, dein Totenhemd."
Vier Balladen für 1 mittlere Stimme , opus 100
by (Leopold) Heinrich (Picot de Peccaduc), Freiherr von Herzogenberg (1843 - 1900)
1. Das Nothhemd  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Johann Ludwig Uhland (1787 - 1862), "Das Nothemd"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Die Vätergruft  [sung text not yet checked]
Es [ging]1 wohl über die Heide Zur alten Kapell' empor Ein Greis in Waffengeschmeide Und trat in den [dunkeln]2 Chor. Die Särge seiner Ahnen [Standen der]3 Hall' entlang, Aus der Tiefe thät ihn mahnen Ein wunderbarer Gesang. »Wohl hab' ich [euer Grüßen]4, Ihr Heldengeister, gehört; Eure Reihe soll ich schließen. Heil mir! ich bin es wert!« Es stand an kühler Stätte Ein Sarg noch ungefüllt; Den nahm er zum Ruhebette, Zum Pfühle nahm er den Schild. Die Hände thät er falten Aufs Schwert und [schlummert']5 ein; Die Geisterlaute verhallten, Da mocht' es gar stille sein.
Authorship:
- by Johann Ludwig Uhland (1787 - 1862), "Die Vätergruft", written 1805, appears in Balladen und Romanzen
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (Arthur Westbrook) , "The ancestral tomb"
- FRE French (Français) (Jacques L'oiseleur des Longchamps) , "Crypte des ancêtres", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Uhlands ausgewählte Gedichte, Fünfte Auflage, Stuttgart, Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, 1891, pages 17-18
Note: modernized spelling would change "thät" to "tät"
1 Liszt, Stöhr: "schritt"2 Stöhr: "dunklen"
3 Stöhr: "Standen die"; Wallnöfer: "Sie standen der"
4 Stöhr: "eure Grüße"
5 Cornelius, Liszt, Stöhr: "schlummerte"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler
3. Der blinde König  [sung text not yet checked]
Was steht der nord'schen Fechter Schaar Hoch auf des Meeres Bord? Was will in seinem grauen Haar Der blinde König dort? Er ruft, in bittrem Harme Auf seinen Stab gelehnt, Daß über'm Meeresarme Das Eiland wiedertönt: "Gib, Räuber, aus dem Felsverließ Die Tochter mir zurück! Ihr Harfenspiel, ihr Lied, so süß, War meines Alters Glück. Vom Tanz auf grünem Strande Hast du sie weggeraubt, Dir ist es ewig Schande, Mir beugt's das graue Haupt." Da tritt aus seiner Kluft hervor Der Räuber, groß und wild, Er schwingt sein Hünenschwerdt empor Und schlägt an seinen Schild: "Du hast ja viele Wächter, Warum denn litten's die? Dir dient so mancher Fechter, Und keiner kämpft um Sie?" Noch stehn die Fechter alle stumm, Tritt keiner aus dem Reihn, Der blinde König kehrt sich um: "Bin ich denn ganz allein?" Da faßt des Vaters Rechte Sein junger Sohn so warm: "Vergönn mir's, daß ich fechte! Wohl fühl' ich Kraft im Arm." "O Sohn! der Feind ist riesenstark, Ihm hielt noch Keiner Stand. Und doch! in dir ist edles Mark, Ich fühl's am Druck der Hand. Nimm hier die alte Klinge! Sie ist der Skalden Preis. Und fällst du, so verschlinge Die Flut mich armen Greis!" Und horch! es schäumet und es rauscht Der Nachen über's Meer. Der blinde König steht und lauscht, Und Alles schweigt umher; Bis drüben sich erhoben Der Schild' und Schwerdter Schall, Und Kampfgeschrei und Toben, Und dumpfer Wiederhall. Da ruft der Greis so freudig bang: "Sagt an, was ihr erschaut! Mein Schwerdt, ich kenn's am guten Klang, Es gab so scharfen Laut." "Der Räuber ist gefallen, Er hat den blut'gen Lohn. Heil dir, du Held vor allen, Du starker Königssohn!" Und wieder wird es still umher, Der König steht und lauscht: "Was hör' ich kommen über's Meer? Es rudert und es rauscht." "Sie kommen angefahren, Dein Sohn mit Schwerdt und Schild, In sonnehellen Haaren Dein Töchterlein Gunild." "Willkommen! -- ruft vom hohen Stein Der blinde Greis hinab -- Nun wird mein Alter wonnig seyn Und ehrenvoll mein Grab. Du legst mir, Sohn, zur Seite Das Schwerdt von gutem Klang, Gunilde, du Befreite, Singst mir den Grabgesang."
Authorship:
- by Johann Ludwig Uhland (1787 - 1862), "Der blinde König", written 1815
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le roi aveugle", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
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4. Letzte Heimkehr  [sung text not yet checked]
Der Wintermorgen glänzt so klar, Ein Wandrer kommt von ferne, Ihn schüttelt Frost, es starrt sein Haar, Ihm log die schöne Ferne, Nun endlich will er rasten hier, Er klopft an seines Vaters Tür. Doch tot sind, die sonst aufgetan, Verwandelt Hof und Habe, Und fremde Leute sehn ihn an, Als käm er aus dem Grabe; Ihn schauert tief im Herzensgrund, Ins Feld eilt er zur selben Stund. Da sang kein Vöglein weit und breit, Er lehnt' an einem Baume, Der schöne Garten lag verschneit, Es war ihm wie im Traume, Und wie die Morgenglocke klingt, Im stillen Feld er niedersinkt. Und als er aufsteht vom Gebet, Nicht weiß, wohin sich wenden, Ein schöner Jüngling bei ihm steht, Faßt mild ihn bei den Händen: »Komm mit, sollst ruhn nach kurzem Gang.« - Er folgt, ihn rührt der Stimme Klang. Nun durch die Bergeseinsamkeit Sie wie zum Himmel steigen, Kein Glockenklang mehr reicht so weit, Sie sehn im öden Schweigen Die Länder hinter sich verblühn, Schon Sterne durch die Wipfel glühn. Der Führer jetzt die Fackel sacht Erhebt und schweigend schreitet, Bei ihrem Schein die stille Nacht Gleichwie ein Dom sich weitet, Wo unsichtbare Hände baun - Den Wandrer faßt ein heimlich Graun. Er sprach: Was bringt der Wind herauf So fremden Laut getragen, Als hört ich ferner Ströme Lauf, Dazwischen Glocken schlagen? »Das ist des Nachtgesanges Wehn, Sie loben Gott in stillen Höhn.« Der Wandrer drauf: Ich kann nicht mehr - Ists Morgen, der so blendet? Was leuchten dort für Länder her? - Sein Freund die Fackel wendet: »Nun ruh zum letzten Male aus, Wenn du erwachst, sind wir zu Haus.«
Authorship:
- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Letzte Heimkehr"
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