Heil'ger Stefansdom, du ragest über Wien hinauf und sagest den vier Gegenden der Welt, dass sich dir in allen Reichen nichts vollwürdig mag vergleichen, was sich dir zur Seite stellt. So wie du zum Trotz dem Sturme aufragst mit dem Riesenturme, den die Schwalben treu umzieh'n, also gibt es auch nur eine Stadt, die ich in Liebe meine, eines Kaiserstadt, ein Wien. Heil'ger Stefansdom, ein Schauern weht um deine alten Mauern aus uralter, fremder Zeit, wo noch dunkle Heidenhaine dich umgaben, eh' der reine Gottesdienst dich hat geweiht. Dieses ist geweihter Boden! Wo die Heiden einst vor Woden flehten, herrschet nun der Christ. Und wo Jupiter einst thronte, als der Römer Macht hier wohnte, webt, der ewig war und ist. Frau Krimhild mit edlen Sitten ist einst hier vorbeigeritten als des Hunnenkönigs Braut; und mit Severinus Segen hat von hier aus deutscher Degen Romas Kaiserthron zerhaut. Großer Karl, nach Hunnensiegen bist du hier vom Ross gestiegen und hast den Altar gesetzt. Deinen Szepter, deine Krone wahret, bis du einst zum Throne wiederkehrst, die Stadt noch jetzt. Babenbergs und Habsburgs Recken leben hier in Stein und strecken schützend ihre Arme aus. Alle Vaterlandes Engel senken ihre Lilienstengel über dieses Gotteshaus. Riesentor, schlag' auf die Flügel! Öffne, Totengruft, den Riegel! zeige nun, was sonst geheim! Heil'ger Stefansdom, des besten, treu'sten Österreichers Resten sei du nun das letzte Heim. Bürgermeister und Senator riefen oft dem Triumphator hier am Tore jubelnd zu. Das Te Deum seiner Siege rauschte zu dem Herrn der Kriege am Altare ohne Ruh'. Wieder tönen die Posaunen, dass den holzgeschnitzten Faunen bange wird. Wem gilt es? Wem? Ja, ihm gilt's. Doch kein Te Deum ist es; übers Mausoleum singen sie ein Requiem. Fama kommt zum Mal gegangen und gräbt ein mit stolzem Prangen seines Totenjahres Zahl: „Siebzehnhundertsechsunddreißig starb Eugen. Doch ihm verheiß' ich Ewigkeit in meinem Saal.”
Prinz Eugenius, 27 Balladen
by Mathilde von Kralik (1857 - 1944)
Das Grabmal
Authorship:
- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
Set by by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), published [1895] [ voice and piano ], Wien ; Leipzig : Albert GutmannResearcher for this page: Johann Winkler
Dem Prinzen Eugen wird vom Kaiser ein Generalissimus bestellt
Ehe Prinz Eugen zum Heere hin nach Ungarn zog, die schwere Kriegesarbeit zu verseh'n, eilt er in die Burg, mit Sitten gnäd'gen Urlaub zu erbitten und den Kaiser noch zu seh'n. Und der Kaiser sprach zum Helden: „Freund, ich muss dir treulich melden, dass nächst Gott ich dir allein den Besitz des Reiches danke. Du allein hast eine Schranke hingestellt den Feinden mein. Lass den treuen Mut nicht sinken! Hoher Lohn wird dir noch blinken dort, wo alles wird belohnt. Geh ins Feld! Und meine Scharen, führ' sie wieder, wie seit Jahren sie zu führen du gewohnt! Aber eines ohne Hassen musst du dir gefallen lassen, lieber Prinz Eugenius: Dass ich einen mag ersehen, der noch über dir soll stehen als Generalissimus.” Prinz Eugen, den edlen Ritter, dünkte diese Rede bitter, denn nicht fasst er gleich den Sinn. Doch der Kaiser, d'rob ergetzet, reichet ein demantbesetzet Kruzifix dem Helden hin: „Dieser sei's, den ich erhebe, dem das Heer ich übergebe als dem höchsten General! Unter dess' Kommando schämen wird sich keiner, Dienst zu nehmen, sei er noch so groß zumal.” Prinz Eugen, der unverzagte, nahm das Kreuz voll Dank und sagte: „Ihm, dem dient das Himmelsheer, will auch ich mich untergeben, will mich nimmer überheben als sein simpler Volontär.”
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- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
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Des Kaisers Urteil
Jubel wogt in deinen Gassen, Wien, die kaum die Menge fassen, denn es kehret heut' zu dir wiederum ein Türkensieger: Prinz Eugen, der edle Krieger, Österreiches Ruhm und Zier. In die Burg des Kaisers reitet er, von Jubelruf geleitet, tritt vor seinen Herren hin. Aber der, im Kreis der weisen Räte hoch und höchst zu preisen, spricht ihn an mit strengem Sinn: „Prinz Eugen, du edler Ritter, wohl in Schlachtenungewitter hast du dich als Held gezeigt. Doch ich kann dir nicht verhehlen meinen Zorn. Denn den Befehlen hast du stolz dich nicht geneigt. Sage mir, was ist geschehen mit dem Brief, den ich ergehen ließ an dich gar wohl bedacht? Meines Hofes Kriegsrat warnte dich vorm Feind, der dich umgarnte, und verbot dir jede Schlacht. Wohl zur rechten Zeit gekommen ist der Brief, wie wir vernommen, eh' der Kampf noch war erweckt dort bei Zentha. Unerbrochen hast du, wie mir ward gesprochen, in die Tasche ihn gesteckt. Und mein Wort beiseit' zu schieben, nicht zu achten, was wir schrieben, das ist wahrlich Hochverrat! D'rum, ob auch das Glück, das blinde, dir geneigt war und gelinde, Strafe fordert solche Tat. Meines Hofes Kriegsrat schöpfet diesen Spruch: Es sei geköpfet solcher Frevler mit dem Schwert! Will das Urteil selbst vollziehen. Schweig! Nichts hilft es dir, zu knien! Jedes Wort ist dir verwehrt! Nimm dies Schwert! Mit Gold und Steinen ist's besetzt, wie mir's will scheinen, dass es deinem Ruhm gebührt. Dieser Degen sei dein Eigen, und zum neuen Siegesreigen sei er stets von dir geführt. Und damit bedächt'gen Tröpfen es nicht beikommt, dich zu köpfen, tust du, was dir nicht erlaubt: Folg' in Zukunft deinem Kopfe, frei von jedem alten Zopfe, sei hinfort dein eig'nes Haupt!
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- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
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Set by by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), published [1895] [ voice and piano ], Wien ; Leipzig : Albert GutmannResearcher for this page: Johann Winkler