— Tacet —
Auferstehung der Bettler
Cantata by Robert Hanf (1894 - 1944)
1. Vorspiel
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2. Der Blinde  [sung text not yet checked]
Ich bin blind, ihr draußen, das ist ein Fluch, ein Widerwillen, ein Widerspruch, etwas täglich Schweres. Ich leg meine Hand auf den Arm der Frau, meine graue Hand auf ihr graues Grau, und sie führt mich durch lauter Leeres. Ihr rührt euch und rückt und bildet euch ein anders zu klingen als Stein auf Stein, aber ihr irrt euch: ich allein lebe und leide und lärme. In mir ist ein endloses Schrein und ich weiß nicht, schreit mir mein Herz oder meine Gedärme. Erkennt ihr die Lieder? Ihr sanget sie nicht nicht ganz in dieser Betonung. Euch kommt jeden Morgen das neue Licht warm in die offene Wohnung. Und ihr habt ein Gefühl von Gesicht zu Gesicht und das verleitet zur Schonung.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das Lied des Blinden", appears in Das Buch der Bilder, in Die Stimmen: Neun Blätter mit einem Titelblatt, no. 3, first published 1906
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La chanson de l'aveugle", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Das Buch der Bilder von Rainer Maria Rilke, Leipzig, Iminsel-Verlag, 1920, page 135.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
3. Die Bettler  [sung text not yet checked]
Ich gehe immer von Tor zu Tor, verregnet und verbrannt; auf einmal leg ich mein rechtes Ohr in meine rechte Hand. Dann kommt mir meine Stimme vor, als hätt ich sie nie gekannt. Dann weiß ich nicht sicher, wer da schreit, ich oder irgendwer. Ich schreie um eine Kleinigkeit. Die Dichter schrein um mehr. Und endlich mach ich noch mein Gesicht mit beiden Augen zu; wie's dann in der Hand liegt mit seinem Gewicht sieht es fast aus wie Ruh. Damit sie nicht meinen ich hätte nicht, wohin ich mein Haupt tu.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das Lied des Bettlers", appears in Das Buch der Bilder, in Die Stimmen: Neun Blätter mit einem Titelblatt, no. 2, first published 1906
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La chanson du mendiant", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Das Buch der Bilder von Rainer Maria Rilke, Leipzig, Iminsel-Verlag, 1920, page 134.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
4. Eine von den Alten  [sung text not yet checked]
Abends manchmal (weißt du, wie das tut?) wenn sie plötzlich stehn und rückwärts nicken und ein Lächeln, wie aus lauter Flicken, zeigen unter ihrem halben Hut. Neben ihnen ist dann ein Gebäude, endlos, und sie locken dich entlang mit dem Rätsel ihrer Räude, mit dem Hut, dem Umhang und dem Gang. Mit der Hand, die hinten unterm Kragen heimlich wartet und verlangt nach dir: wie um deine Hände einzuschlagen in ein aufgehobenes Papier.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Eine von den Alten", subtitle: "Paris"
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Der Neuen Gedichten Anderer Teil, Leipzig : Im Insel-Verlag, 1913, p.46
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Fremde Familie  [sung text not yet checked]
So wie der Staub, der irgendwie beginnt und nirgends ist, zu unerklärtem Zwecke an einem leeren Morgen in der Ecke, in die man sieht, ganz rasch zu Grau gerinnt, so bildeten sie sich, wer weiß aus was, im letzten Augenblick vor deinen Schritten und waren etwas Ungewisses mitten im nassen Niederschlag der Gasse, das nach dir verlangte. Oder nicht nach dir. Denn eine Stimme, wie vom vorigen Jahr, sang dich zwar an und blieb doch ein Geweine; und eine Hand, die wie geliehen war, kam zwar hervor und nahm doch nicht die deine. Wer kommt denn noch? Wen meinen diese vier?
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Fremde Familie"
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Der Neuen Gedichten Anderer Teil, Leipzig : Im Insel-Verlag, 1913, p.44
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
6. Zwei Engel
— Tacet —
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7. Trauermusik
— Tacet —
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8. Auferstehung
— Tacet —
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9. Das Jüngste Gericht  [sung text not yet checked]
Sie werden alle wie aus einem Bade aus ihren mürben Grüften auferstehn ; denn alle glauben an das Wiedersehn, und furchtbar ist ihr Glauben, ohne Gnade. Sprich leise, Gott ! Es könnte einer meinen, daß die Posaune deiner Reiche rief; und ihrem Ton ist keine Tiefe tief: da steigen alle Zeiten aus den Steinen, und alle die Verschollenen erscheinen in welken Leinen, brüchigen Gebeinen und von der Schwere ihrer Schollen schief. Das wird ein wunderliches Wiederkehren in eine wunderliche Heimat sein; auch die dich niemals kannten, werden schrein und deine Größe wie ein Recht begehren: wie Brot und Wein. Allschauender, du kennst das wilde Bild, das ich in meinem Dunkel zitternd dichte. Durch dich kommt alles, denn du bist das Tor, - und alles war in deinem Angesichte, eh es in unserm sich verlor. Du kennst das Bild vom riesigen Gerichte : Ein Morgen ist es, doch aus einem Lichte, das deine reife Liebe nie erschuf, ein Rauschen ist es, nicht aus deinem Ruf, ein Zittern, nicht von göttlichem Verzichte, ein Schwanken, nicht in deinem Gleichgewichte. Ein Rascheln ist und ein Zusammenraffen in allen den geborstenen Gebäuden, ein Sichentgelten und ein Sichvergeuden, ein Sichbegatten und ein Sichbegaffen, und ein Betasten aller alten Freuden und aller Lüste welke Wiederkehr. Und über Kirchen , die wie Wunden klaffen, ziehn schwarze Vögel, die du nie erschaffen, in irren Zügen hin und her. So ringen sie, die lange Ausgeruhten, und packen sich mit ihren nackten Zähnen und werden bange, weil sie nicht mehr bluten, und suchen, wo die Augenbecher gähnen, mit kalten Fingern nach den toten Tränen. Und werden müde. Wenige Minuten nach ihrem Morgen bricht der Abend ein. Sie werden ernst und lassen sich allein und sind bereit, im Sturme aufzusteigen, wenn sich auf deiner Liebe heitrem Wein die dunklen Tropfen deines Zornes zeigen, um deinem Urteil nah zu sein. Und da beginnt es, nach dem großen Schrein : das übergroße fürchterliche Schweigen . Sie sitzen alle wie vor schwarzen Türen in einem Licht, das sie wie mit Geschwüren mit vielen grellen Flecken übersät. Und wachsend wird der Abend alt und spät. Und Nächte fallen dann in großen Stücken auf ihre Hände und auf ihren Rücken, der wankend sich mit schwarzer Last belädt. Sie warten lange. Ihre Schultern schwanken unter dem Drucke wie ein dunkles Meer, sie sitzen wie versunken in Gedanken und sind doch leer. Was stützen sie die Stirnen ? Ihre Gehirne denken irgendwo tief in der Erde, eingefallen, faltig : Die ganze alte Erde denkt gewaltig, und ihre großen Bäume rauschen so. Allschauender, gedenkst du dieses bleichen. und bangen Bildes, das nicht seinesgleichen unter den Bildern deines Willens hat? Hast du nicht Angst vor dieser stummen Stadt, die, an dir hangend wie ein welkes Blatt, sich heben will zu deines Zornes Zeichen ? O, greife allen Tagen in die Speichen, daß sie zu bald nicht diesem Ende nahen, — vielleicht gelingt es dir noch auszuweichen dem großen Schweigen, das wir beide sahen. Vielleicht kannst du noch einen aus uns heben, der diesem fürchterlichen Wiederleben den Sinn, die Sehnsucht und die Seele nimmt, einen, der bis in seinen Grund ergrimmt und dennoch froh durch alle Dinge schwimmt, der Kräfte unbekümmerter Verbraucher, der sich auf allen Saiten geigt und unversehrt als unerkannter Taucher in alle Tode niedersteigt. ... Oder, wie hoffst du diesen Tag zu tragen, der länger ist als aller Tage Längen, mit seines Schweigens schrecklichen Gesängen, wenn dann die Engel dich wie lauter Fragen mit ihrem schauerlichen Flügelschlagen umdrängen ? Sieh, wie sie zitternd in den Schwingen hängen und dir mit hunderttausend Augen klagen, und ihres sanften Liedes Stimmen wagen sich aus den vielen wirren Übergängen nicht mehr zu heben zu den klaren Klängen. Und wenn die Greise mit den breiten Bärten, die dich berieten bei den besten Siegen, nur leise ihre weißen Häupter wiegen, und wenn die Frauen, die den Sohn dir nährten, und die von ihm Verführten, die Gefährten, und alle Jungfraun, die sich ihm gewährten : die lichten Birken deiner dunklen Gärten, - wer soll dir helfen, wenn sie alle schwiegen ? Und nur dein Sohn erhübe sich unter denen, welche sitzen um deinen Thron. Grübe sich deine Stimme dann in sein Herz? Sagte dein einsamer Schmerz dann : Sohn! Suchtest du dann das Angesicht dessen, der das Gericht gerufen, dein Gericht und deinen Thron: Sohn! Hieẞest du, Vater, dann deinen Erben, leise begleitet von Magdalenen, niedersteigen zu jenen, die sich sehnen, wieder zu sterben? Das wäre dein letzter Königserlaß, die letzte Huld und der letzte Haẞ; aber dann käme alles zu Ruh: der Himmel und das Gericht und du. Alle Gewänder des Rätsels der Welt, das sich so lange verschleiert hält, fallen mit dieser Spange. ... Doch mir ist bange ... Allschauender, sieh , wie mir bange ist, miß meine Qual ! Mir ist bange, daß du schon lange vergangen bist, als du zum erstenmal in deinem Alleserfassen das Bild dieses blassen Gesichtes sahst, dem du dich hilflos nahst, Allschauender. Bist du damals entflohn ? Wohin? Vertrauender kann keiner dir kommen als ich, der ich dich nicht um Lohn verraten will wie alle die Frommen. Ich will nur, weil ich verborgen bin und müde wie du, noch müder vielleicht, und weil meine Angst vor dem großen Gericht deiner gleicht, will ich mich dicht, Gesicht bei Gesicht, an dich heften ; mit einigen Kräften werden wir wehren dem großen Rade, über welches die mächtigen Wasser gehn, die rauschen und schnauben - denn: Wehe, sie werden auferstehn . So ist ihr Glauben : groß und ohne Gnade.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das Jüngste Gericht", subtitle: "Aus den Blättern eines Mönches", written 1899, appears in Das Buch der Bilder
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, zweiter Teil, Leipzig : Insel-Verlag, 1927, p.80
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]