by Christian Adolf Overbeck (1755 - 1821)
Froh und selig, wild und wach
Language: German (Deutsch)
Froh und selig, wild und wach, Leb' und web' ich in Vergnügen; Grüsse jeden jungen Tag, Sehe jeden Zephyr fliegen; Kränze mich im Veilchenthal, Singe mit der Nachtigall. Jugend, o wie halt' ich dich? Jugend, eile nicht von hinnen! Möchtest du so wonniglich Neu mit jedem Lenz beginnen! Nähm' ich dich ins späte Grab, Holde Jugend, mit hinab! Schöpferin der Lebenskraft, Alles kömmt zu deinen Füllen! Laß mir Lebensglut und Kraft Ewig unerschöpflich quillen! Frisch' aus deinem Strahlenquell Meine Blicke adlerhell! O wie bläht sich diese Brust! O wie lärmt, wie lodert drinnen Blut und Flamme! Dichterlust! Wie es tobt in allen Sinnen! Genius, die Fackel her! Länger halt' ich mich nicht mehr! Schwinge deine Fackel hoch, Leuchte mir voran im Fluge! Glimmt das Fünkchen Erde noch Aus der Tief' her? Fleug dem Zuge Jener Sonnen stracks vorbei! Wähnst du, daß ich laß schon sei! Ungemeßne, tiefe Flut, Feuermeer der Fantaseien, Neugetauft mit deiner Glut, Will ich mich des Zaubers freuen, Der in Haine mich entrückt, Die kein sterblich' Aug erblickt, Lebensodem wehet hier, Überall rauscht heilig Leben; Blumen lispeln für und für, Bäche singen, Lauben beben; Jedes Gräschen fühlt den Lauf Seines Bluts, und schauert auf. In den regen Wipfeln träuft Dichterwort von Vögelzungen; Weisheit, die zur Freude reift, Die einst Griechenland gesungen. Deine Töne, Tejermann, Stimmet hier ein Zeisig an. "Lebt! Das Leben ist ein Bach, Wer geniessen kann, geniesse! Lebt! Das Leben ist ein Tag, Daß er sich nicht fruchtlos schliesse! Ferne ziehen Wölkchen her; Lebt! bald ist's nicht heiter mehr." Schöner Vogel, frei wie du, Unterm Dach von Maienblättern, Fürcht' ich mich in stolzer Ruh Nicht vor Stürmen, nicht vor Wettern, Trifft ein rascher Strahl mein Haus, Spann' ich meine Flügel aus. "Doch, was sind die Freuden all', Was ist Leben, Erdensöhne? Wenn nicht Schwester Nachtigall Eine zauberische Thräne, Die nach mildern Trieben geizt, Eurem heissen Aug' entreizt?" Filomele, Himmelskind! Lehre diese Thräne quillen! Lehre mich, was Freuden sind, Die die ganze Seele füllen. Du beginnst! -- Was hör' ich! Schallt Sapphos Leier in den Wald? "Leiser linder Flügelschlag Säuselt fachend überm Herzen; Weckt ein Seufzerchen, ein Ach! Losung ungeflohner Schmerzen! Wie die kranke Lippe bebt! Wie der volle Busen strebt! "Schwebe steigender empor, Wehmutschwang'res Wölkchen! Dringe Durch die Wang' ins Aug' hervor, Wenn ich süße Leiden singe. Wenn ich dann zu mächtig bin, Schmilz, ein Abendthau, dahin. "Schmilz! es harren Veilchen dein, Die für Mädchenbusen blühen; Trinken deine Labung ein, Hellern Schmuckes einst zu glühen. Die ein solches Veilchen bricht, Weilt im Schooß der Ruhe nicht. "Die ein solches Blümchen hegt, Hat der Liebe Kelch getrunken; Wie im Thal ein Sturm sich legt, Ist ihr stolzes Herz gesunken. So zerrinnt die stille Luft, Also wallt ihr Seufzerduft. " Ach -- du singst mir in die Brust, Zauberin, Entzückens Fülle! Wehmut, überthaut mit Lust, Freuden, in der Seufzer Hülle. Steigt das Wölkchen schon empor? Durch die Wange schon empor? Ach! die Wonneknospe bricht! Perle, du bist schnell geboren! Kind Dionens, säume nicht, Schmilz für die, die mir erkoren! Sei die Feindin ihrer Ruh, Hauche süße Pein ihr zu! Genius, wir gleiten noch Auf dem Meer der Fantaseien! Deine Fackel leuchtet hoch, Wehet strömender von neuen. Doch verschwiegen sei das Bild, So sie jetzo mir enthüllt. Wenn einst näher diesem Blick Sich der Zukunft Ufer zeiget, Und ein lächelndes Geschick Mir den goldnen Zepter neiget, Genius, dann will ich mich Freu'n des Bildes inniglich.
About the headline (FAQ)
Confirmed with Musen Almanach, ed. by Johann Heinrich Voss and Goeckingk, Hamburg: Carl Ernst Bohn, 1782, pages 148 - 154.
Authorship:
- by Christian Adolf Overbeck (1755 - 1821), "Jugendfantasien" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Friedrich August Baumbach (1753 - 1813), "Jugendphantasien" [ voice and piano ], from Lyrische Gedichte vermischten Inhalts mit Melodie zum Singen beim Klavier, no. 5, Leipzig: Breitkopf & Härtel [sung text not yet checked]
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
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