by Heinrich Leuthold (1827 - 1879)
Distichen
Language: German (Deutsch)
"Selbstzweck sei sich die Kunst... die göttliche diene der Zeit nicht?" Leider verlangt ja die Zeit auch von der göttlichen nichts. Glückliche Zeit der Maschinen! Sogar an poetischen Luxus Liefert uns billig und rasch, was man bedarf, die Fabrik. Rollte dem Uhrwerk gleich sich ab die Geschichte der Menschheit, Wäre ein jeder Prophet, der die Mechanik versteht. Wäret ihr minder befangen, ihr säht, daß der Geist der Geschichte Das, was euch fehlt, Phantasie, Laune besitzt und Humor. Fragen des Tages zu lösen, ist freilich des Dichters Beruf nicht; Aber das Ewige schafft nimmer ein knechtisch' Gemüt. Bessrer Erkenntnis verschließe sich keiner; jedoch dem Charakter Untreu zu werden, dafür find' ich das Leben zu kurz. Sieh in der Welt dich um und lerne von Anderer Weisheit, Aber im innersten Kern bleibe dir selber getreu. Karg nur maßt ihr das Glück mir, ihr Götter, doch dank ich euch eines: Daß ich mich neidlos des Glücks Anderer zu freuen vermag. "Freiheit der Presse" verlangt dies wackre Organ, das die Fahne Dreimal wechselnd bewies, was es darunter versteht. Bessere Früchte gedeihn am Baum der Presse nicht eher, Bis vom Insektengeschmeiß gründlich die Blätter befreit!
Authorship:
- by Heinrich Leuthold (1827 - 1879) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Othmar Schoeck (1886 - 1957), "Distichen", op. 57 no. 23 (1944) [high voice and piano], from Der Sänger: Liederfolge nach Gedichten und Strophen von Heinrich Leuthold, no. 23, Wien: Universal Edition [text verified 1 time]
Researcher for this page: Peter Palmer
This text was added to the website: 2009-07-16
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