by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826)
Als Hirten stehen wir, und lauschen
Language: German (Deutsch)
Als Hirten stehen wir, und lauschen, Du lieber Schattenquell, Wie leis' auf Kies die Wellchen rauschen, Wie frisch und dunkelhell. Wohlan, des Quelles eingeschenket, Und trinkt, auf weiches Gras gesenket, So weich', wie Lammerfell! Doch lasst dem guten Geist des Raumes Uns erst ein Opfer weihn: Ein Blümchen oder Blatt des Baumes Legt ihn auf Moosgestein. Sanft hauch' aus deine Sprudelhöhle, O Geist! und still werd' unsre Seele, Wie deine Flut, und rein! Der Birkenbecher geht die Runde, Den schon der Ahn gekannt, Vom frohen Mund zum frohen Munde, Gefüllt bis auf den Rand! Wenn auch der Birkenbecher fehlet; So thut, wie jener Weis' , und höhlet Zum Labetrunk die Hand! Hier trinkt der Baum, hier trinkt die Blume, Und neigt sich spielend hin; Hier trinkt der Hirt bei seiner Krume, Und Heerd' und Schäferin. Von Lebenskraft und Schönheit schwellen, Und perlen auf, die kleinen Wellen, Von Muth und leichtem Sinn! Hier trinkt das Reh, und tanzt verjünget; Der Hirsch auch, nimmer alt; Hier trinkt die Nachtigall und singet Voll Lieb' im grünen Wald. Jetzt trinken wir uns Lieb' und Jugend, Und preisen hoch des Quelles Tugend, Dass Thal und Hügel hallt! Behende krümmt in frische Matten Der Bach sein nährend Nass; Es brüllen Kuh und Kalb, die satten, Bis an den Bauch in Gras. Wer, Freunde, hier im kühlen Schauer Des regen Baums, wer kennet Trauer? Wer kennet Neid und Hass? O goldne Zeit, als noch genügte, Was Flur und Baum gebahr! Als jede spann, und jeder pflügte, In Eintracht, Paar und Paar! Der stille Wald war Gottes Tempel, Der Greis war Priester und Exempel, Und jeder Stein Altar. Da galt kein Unter und kein Oder, Auf gleicher Hirtenflur; Vom Tadler fern, und fern vom Loder, Galt treue Wahrheit nur. Erobrer gabs nur Vogelfanges, Und Sieger nur des Wettgesanges Bei Ernt' und Lämmerschur! Bring' uns die Friedenstage wieder, Du Geist der stillen Flut! Wie Brüder lass uns sein, wie Brüder, In Eintracht, froh und gut! Wir stehn, und sprengen dir, und denken An Freiheit und Natur, und schwenken Den laubbekränzten Hut!
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Confirmed with Sämmtliche Gedichte von Johann Heinrich Voss, Vierter Theil. Königsberg: Friedrich Nicolovius, 1802. from Oden und Lieder, pages 229 - 233.
Authorship:
- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Chorgesang an der Quelle", appears in Oden und Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hans Georg Nägeli (1773 - 1836), "Rundgesang an der Quelle", published 1817 [ men's chorus ], from XVIII Rundgesänge für den Männerchor, no. 5, in Gesangbildungslehre für den Männerchor, Zürich: bei H. G. Nägeli, 1817, Zweiten Abtheilung (Chorgesangschule), Beylage A, Erster Heft, Song no. 5, page 28 [sung text checked 1 time]
Set in a modified version by Johann Friedrich Reichardt.
Researcher for this page: Melanie Trumbull
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