by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896)
Es stand ein Röslein tief im Thal
Language: German (Deutsch)
Es stand ein Röslein tief im Thal, Sah hoch die Vöglein fliegen: "Ach, könnt' ich nur ein einzig Mal Mich in den Lüften wiegen! Dann flöf' ich hoch ins Ätherblau, Um in der Nähe mir genau Die Sonne zu betrachten." Da kam der Wind, da sprach der Wind: "Lieb' Röslein, laß dein Klagen, Ich will dich, leichtes Blütenkind, Auf meine Schwingen tragen. Ich trage dich, wenn dir's gefällt, Hinauf bis an das Sonnenzelt, Viel tausend tausend Meilen." Das Röslein sprang vom Strauche froh, Der Wind fing an zu brausen. "Ach, lieber Wind, du mußt nicht so Die Blätter mir zerzausen, Sonst ist's um meinen Schmuck gethan Und ganz verunziert komm' ich an Im goldnen Sonnenzelte." Da lachte tückisch auf der Wind: "Macht dir mein Wehen Grauen? Wer hieß dich, thöricht Blütenkind, Auf Windes Worte bauen? Ade! mich lockt ein andres Spiel." Er brauste fort, das Röslein fiel Entblättert auf die Erde.
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Confirmed with Julius Karl Reinhold Sturm, Gedichte, sechste Auflage, Leipzig: F. A. Brockhaus, 1892, pages 76 - 77.
Authorship:
- by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896), "Die Betrogene ", appears in Natur, Liebe, Vaterland: Neue Gedichte, in 1. Bunte Blätter [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Franz Wilhelm Abt (1819 - 1885), "Das Röslein und der Wind", op. 594 (Dreizehn Lieder und Gesänge für Männerchor) no. 5, published 1882 [ men's chorus ], Schleusingen, Glaser [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
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