[Mein]1 Heiland, mein Heiland! Sieh, rein ist mein Glaube, Wie Glut des Gebetes; Doch, Herr, auch dem Glauben Ist dunkel das Grab!... Was beut mir Ersatz einst Für Ohren und Augen - Das glühende Fühlen Des sterbenden Herzens? Was - ohne dies Herz - ist Das Leben des Geistes?... Auf Kreuz und auf Grab, wie Auf Himmel und Erde, Vom Anfang der Schöpfung Bis zu ihrem Ausgang, Hast Du, o Allmächt'ger, Den Schleier geworfen, Dein Siegel gedrückt - Dein ewiges Siegel. Die Welt mag zertrümmern, Dein Siegel zerreißt nicht, Kein Feuer verbrennt es, Kein Wasser erweicht's. Verzeih' mir, mein Heiland, Daß meinem Gebete Einfloß eine Thräne: Sie leuchtet im Dunkeln Von Liebe zu Dir.
Zwei Gesänge für 1 Singstimme mit Pianoforte , opus 102b
by (Ludwig) Philipp Scharwenka (1847 - 1917)
1. Gebet  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Authorship:
- by Friedrich Martin von Bodenstedt (1819 - 1892), "Gebet", appears in Aus der Heimat und Fremde
Based on:
- a text in Russian (Русский) by Aleksey Vasil'yevich Kol'tsov (1808 - 1842), "Молитва", subtitle: "(Дума)", written 1836
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View original text (without footnotes)1 Göhler, Scharwenka: "O mein"; further changes may exist not shown above.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Erwachen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Im Traum' sah ich den Lenz, da er noch klein war, Ein kleiner Knab' mit zarten, kalten Gliedern, In weißer Leinwand, lag gesenkt in Schlummer. Nicht merklich hob die Marmorbrust die Rundung, Und keine Farb' war auf der bleichen Wange. Ich dachte: "Armes Kind, erwachest nimmer," Un träumte fort, ich weiß nicht, was ich träumte -- Da sah ich nochmals ihn, und d'rauf ich hörte Aus seiner schönen Brust ein tiefes Seufzen, Wie kleine Rosen blüh'ten seine Wangen, Wie Rosenknospen seine süßen Lippen. Er lacht' im Schlafe, daß ich bei mir dachte: So lacht nur der, der Blumenträume träumet. Ich stand betrachtend da, wie jetzt sein Geist doch So warm, balsamisch ganz durchfloß sein Wesen, Und wie er schlief so hold, wie der Unschuld'ge, Dess' Athemzug ist wie ein still Gebet. Da sprang sein Auge auf, ein blauer Himmel Hell leuchtete daraus. Der hohe Himmel, Vom Blick getroffen, brannt' in Rosenfarb'; Er, wie von Liebe heiß, gebot au lieben. Da glühete das Blut in allen Rosen, Die Welle tanzte nun in allen Strömen, Und alle Vögel sangen laut auf Bäumen, Das Menschenherz durchzuckte eine Flamme: Das war auch ich erwacht -- und es war Mai!
Authorship:
- by Ludwig Friedrich Daniel von Arentsschildt (1807 - 1883), "Erwachen"
Based on:
- a text in Swedish (Svenska) by Erik Gustaf Geijer (1783 - 1847), "Uppvaknandet"
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Confirmed with Schwedens Dichterhain, Bückeburg: Wolper's Buchhandlung, 1853, page 215.
Researcher for this page: Melanie Trumbull