Schlaft nicht, schlaft nicht, ihr lieben Leut', Gott hält Gericht in uns'rer Zeit. Die Zeit ist schwer und trübe! Schlaft nicht, denn wisst, dass euch sich naht der Antichrist mit bösem Rat. Die Zeit ist schwer und trübe! Er zieht umher von Land zu Land, schafft sich Gehör bei jedem Stand. Die Zeit ist schwer und trübe! Die Religion dient schon zum Spott, man treibt den Hohn sogar mit Gott. Die Zeit ist schwer und trübe! Die Kirche ist fast ganz verwaist, verschwunden ist der heil'ge Geist. Die Zeit ist schwer und trübe!
Drei Lieder
by Eduard Hecht (1832 - 1887)
1. Kapuzinerlied
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Ludwig Wihl (1807 - 1882)
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Researcher for this page: Johann Winkler2. Kastengeist
Language: German (Deutsch)
Vom Kasten Noah ist bekannt, dass drin die Tiere steckten, als Wasserfluten alles Land vor langer Zeit bedeckten. Ein Männlein und ein Weiblein war geborgen drin von allen; der sich're Kasten hat fürwahr dem guten Vieh gefallen. Und fort bis auf die neue Zeit trug sich die Sagenkunde der alten Kastenherrlichkeit und ging von Mund zu Munde. Den Kasten hat die Phantasie verschönt in so viel Jahren; so ist zuletzt in alles Vieh ein Kastengeist gefahren. Doch gibt's von vorn gleich manchen Span; sie wollen nicht zusammen. Der pocht auf Rang, der auf den Ahn, von dem die Edlen stammen. Und jeder will für sich allein ein Köstlein abgeschlossen, um von den andern fern zu sein mit seinen Standsgenossen. Da tritt Vernunft heran und spricht mit höflichen Gebärden: Wart ihr im Kasten Noah nicht zusammen all', ihr Werten? Warum jetzt in Disharmonie so abgesondert wandern? ihr seid ja ehrenwertes Vieh, die einen wie die andern! Vergebens redet die Vernunft, sie widersprechen alle, und jedes bildet eine Zunft und wohnt in seinem Stalle. Und wenn der Sturm wo niederreißt ein Stück der alten Mauer, so baut der edle Kastengeist sie gleich von neuer Dauer.
Text Authorship:
- by Ludwig Storch (1803 - 1881)
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Confirmed with Deutscher Musenalmanach, 1. Jhg. Leipzig s. a. Note: the Hecht score has a misprint in stanza 1, line 6, word 3 ("vor" instead of "von").
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3. Gott, wie mager
Language: German (Deutsch)
Ein Jud' zu einem Bauersmann, sein Pferd zu kaufen, trat heran. Der Bauer hat es längst verkauft, doch foppt er den, der ungetauft, und sprach: „Na, tretet in den Stall und seht es Euch erst einmal an.“ Pechfinster war der Stall, doch Saul schreit gleich: „Au wei, heißt das ä Gaul?" Gott, wie mager!“ Zur Brautschau geht es auf die Reis', wo man ein reiches Mädchen weiß. Der Vater ist ein Millionär, da fällt gewiss die Wahl nicht schwer. Kaum hat die Holde er erschaut, so ruft der Jüngling selig laut: „O welch ein Wuchs, wie königlich!“ Doch ach, im Stillen denkt er sich: Gott, wie mager! Zur Soirée, im schwarzen Frack, im Arme den geknautschten Claque, kommt man zu Herrn Geheimrat X, macht der Gesellschaft seinen Knix. Vier Stunden wird erst musiziert, dann deklamiert, bis man soupiert. „Solch ein Souper sah ich noch nich!“ Doch ach, im Stillen denkt man sich: Gott, wie mager! In London hört ein edler Whig von unser's Vaterlandes Glück, wie uns vertreten im Verein sechshundert Männer an dem Main. Nach Frankfurt kommt er angereist, wo man nach Stuttgart ihn verweist. Dort außer Atem rennt der Lord ins deutsche Parlament gleich fort: Gott, wie mager!
Text Authorship:
- by David Kalisch (1820 - 1872), "Gott, wie mager", appears in Berlin bei Nacht, Vaudeville-Posse in 3 Aufzügen
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Notes: "moger" is Yiddish slang. Kalisch was from a Jewish family and converted to Protestant Christianity.
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