CHOR Europa steht! Und die Zeiten, die ewig schreiten, der Völker Chor, und die alten Jahrhundert, sie schauen verwundert empor! Wer muss die Hehre sein, die von dem Wunderschein, der alten Götterwelt umzogen, herauf von Osten geht in einer Fürstin Majestät, und auf des Friedens Regenbogen? Viele entzückte Völker stehn, rufend zu der herrlichen, kronengeschmückten, lichtumflossenen Gestalt: steh und halt! Gib der grossen Völkerrunde auf den Anruf Red' und Kunde!
Der glorreiche Augenblick
Oratorio by Ludwig van Beethoven (1770 - 1827)
1. Chor: Europa steht!  [sung text checked 1 time]
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Researcher for this text: Ferdinando Albeggiani2. Rezitativ und Chor: O seht' sie nah' und näher treten!  [sung text checked 1 time]
FÜHRER DES VOLKS O seht' sie nah' und näher treten! Jetzt aus der Glanzflut hebt sich die Gestalt! Der Kaisermantel ist's, der von dem Rücken der Kommenden zur Erde niederwallt! Sechs Kronen zeiget er den Blicken, an diesem hat den Busenschluss der Aar geheftet mit den glod'nen Spangen, und um des Leibes Faltenguss seh' ich des Isters1 Silbergürtel prangen. GENIUS Erkennst du nicht das heimische Gebild, auf seinem Wappenschild erscheinet dir die Lerchenschaar, der gotisch alte Thurm, der Doppelaar, der durch Gebraus und Sturm in tausendjähr'gem Flug sein Volk empor zu dieser Glorie trug? CHOR Vienna! Vienna! Vienna! Kronengeschmückte, götterbeglückte, Herrscher bewirthende Bürgerin, sei gegrüsst von den Völkern allen und Zeiten, die an dir vorüberschreiten, denn jetzt bist du der Städte Königin.
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View original text (without footnotes)1 an old name for the lower Danube.
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3. Rezitativ und Arie mit Chor: O Himmel, welch' Entzücken!  [sung text checked 1 time]
VIENNA O Himmel, welch' Entzücken! Welch' Schauspiel zeigt sich meinen Blicken! Was nur die Erde hoch und hehres hat, in meinen Mauern hat es sich versammelt! Der Busen pocht! Die Zunge stammelt! Europa bin ich - nicht mehr eine Stadt. Der Heros1 der den Fuss aufstellet auf den Wolkenschemel, den alten Kaukasus und von dem Eismeer bis zur Memel ausbreitet seine Segenshand. Der Herrscher2 an der Spree Strand, der, als sein Land verloren, sein Reich geboren. Der König3, der am fernen Belt4 das Vaterhaus und Scepter hält. Der Wittelsbacher5, dessen Land und Schild ein Bild der Kraft sind und der Güte. Und der Gekrönte6 auch,der mit der Kraft der Babenberger7 wirkt und schafft in Deutschlands Paradiese! Alle die Herrscher darf ich grüssen, alle die Völker freundlich küssen! CHOR Heil, Vienna, dir und Glück! Stolze Roma, trete zurück! VIENNA Und das höchste seh ich gescheh'n und mein Volk wird Zeuge steh'n, wenn ein gesprengter Welttheil wieder sich zum Ringe füget und schliesst, und zum Bunde friedlicher Brüder sich die gelöste Menschheit küsst! CHOR Welt! dein glorreicher Augenblick! VIENNA Und nach meines Kaisers Rechten greifen die Herrscherhände all, einen ewigen Ring zu flechten. Und auf meinem gesprengten Wall baut sich Europa wieder auf. CHOR Heil, Vienna, dir und Glück! Fei're den glorreichen Augenblick! Stolze Roma, trete zurück!
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View original text (without footnotes)1 Tsar Alexander of Russia
2 King Friedrich Wilhelm III of Prussia
3 King Frederick VI of Denmark and Norway
4 Straits of Denmark
5 King Maximilian I Joseph of Bavaria
6 Emperor Franz I (Habsburg) of Austria
7 Austrian ruling house during the Middle Ages
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4. Rezitativ und Kavatine mit Chor: Das Auge schaut, in dessen Wimpergleise  [sung text checked 1 time]
SEHERIN Das Auge schaut, in dessen Wimpergleise die Sonnen auf- und niedergeh'n, die Stern' und Völker ihre Bahnen drehn, o seht es über jenem Kreis der Kronenträger glänzend stehn! Dies Äug', es ist das Weltgericht, das die zusammen hier gewunden, um derentwillen nicht Europa in dem Blutmeer ist versunken. O kniet, Völker, hin und betet zuerst zu dem, der euch gerettet! Kavatine mit Chor SEHERIN Dem die erste Zähre droben in dem Sonnenhaus, der schon in dem Sturme drauss' mit der Allmacht Hand Könige und Heere aneinander flocht und band. CHOR Gott die erste Zähre droben in dem Sonnenhaus, usw.
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Researcher for this text: Ferdinando Albeggiani5. Rezitativ und Quartett: Der den Bund im Sturme festgehalten  [sung text checked 1 time]
SEHERIN Der den Bund im Sturme festgehalten, er wird den Bau der neuen Welt, der neuen Zeit auch festhalten, dass dran des Frevels Arm zerschellt. VIENNA Ewig wird der Ölzweig grünen, den der Chor dieser, die den Bau jetzt gründen, um Europas Säulen winden. SEHERIN Denn es steht ein Herz davor FÜHRER DES WOLKES Und es ist ein Gott mit ihnen. GENIUS Und die alten Zeiten werden endlich wieder sein auf Erden. Quartett VIENNA In meinen Mauern bauen sich neue Zeiten auf, und alle Völker schauen mit kindlichem Vertrauen und lautem Jubel drauf. GENIUS Sieh wie die Fahnen alle der Herr zusammenband und sie auf deinem Walle, zur Schau dem Weltenballe, hinaushängt in das Land. VIENNA, GENIUS So ist auf meinem Mauerbogen Europas Hauptwach aufgezogen. FÜHRER DES VOLKES O Volk, das gross getragen das blutige Geschick, dir ist zu schönen Tagen die Pforte aufgeschlagen in diesem Augenblick. SEHERIN Dem Wort lass Jubel schallen, das deine Burgwand trägt. Es in ihren Hallen ein Pfand nie zu verfallen der Ewige eingelegt. SEHERIN, FÜHRER DES VOLKES Europa's Diademe alle, GENIUS erkenn' es, bete an! SEHERIN, FÜHRER DES VOLKES Auf einem eingeworfnen Walle, GENIUS das hat der Herr gethan. GENIUS, FÜHRER DES VOLKES Kein Äug' ist da, das seinem Fürsten nicht begegnet, VIENNA, SEHERIN Kein Herz ist nah, das nicht sein Landsvater segnet. (ZUSAMMEN) Und diesen Glanz, diesen Gloriebogen hat Gott in unsern Franz um eine ganze Welt gezogen.
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Researcher for this text: Ferdinando Albeggiani6. Chor: Es treten hervor  [sung text checked 1 time]
CHOR (FRAUEN) Es treten hervor die Scharen der Frauen, den glänzenden Chor der Fürsten zu schauen, auf alle die Kronen den heiligen Segen der Mütter zu legen. CHOR (KINDER) Die Unschuld als Chor, sic wagt es zu kommen, es treten hervor die Kinder, die frommen, Herz, Himmel und Zepter mit Blumengewinden zusammen zu binden. CHOR (MÄNNER) Auch wir treten vor, die Männer der Heere, ein krieg'rischer Chor mit Fahnen und Wehre, und fühlen die höchste der Vaterlandswonnen sich also zu sonnen. CHOR (ALLE) Vindobona, Heil und Glück! Welt, dein grosser Augenblick!
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