by Johann Adolph Peter Gries (1722 - 1790)
Die Gemüthsruhe See original
Language: German (Deutsch)
Mein Geist! entreiße dich dem Stricke, Der Thoren nur gefesselt hält, Und kehre die verwöhnten Blicke Auf das, was Weisen wohlgefällt. Sei nicht an jenes Gut gebunden Das nur den Leib mit Wollust rührt, Und doch, wenn Dunst und Wahn verschwunden, Nur Pein und Kummer mit sich führt. Ein Glück, das Weise soll vergnügen, Entspringet nicht aus eitler Pracht. Die Kunst, sich selber zu besiegen, Ist das was groß und glücklich macht. Den blendet nur ein falscher Schimmer, Der sich nach einem Gute sehnt, Das stetig reizt, und dennoch nimmer Die Sehnsucht des Erlangers krönt. ... Ihr Thoren, die ihr das erhebet, Was Wollust und Begierden nährt, Sagt, ob ein Schwelger glücklich lebet? Sagt, ist sein Stand beneidenswerth? Nein, sich mit ruhigem Gewissen Gesund bei wenig Schüsseln freun, Ist besser, als durch seltne Bissen Des Leibes eigner Henker sein. Das Glück versagt mir große Güter, Und dennoch leb' ich auch vergnügt. Der Abgott niedriger Gemüther Hat meinen Geist noch noch nie besiegt. Denn, ist gleich kein beschlagner Kasten Von meiner Gelder Last beschwert; So kann ich desto sichrer rasten, Weil mir kein Dieb den Schlummer stört. Mein Lager dünkt mir sanft und leichte, Das keines Goldes Pracht erhebt, Wozu kein Schwan die Federn reichte, Kein Perser die Tapeten webt. Hier währt mein ungestörter Schlummer, Bis Titans Strahl den Tag erneut, Warum? Ich ruhe sonder Kummer, Und träume von Zufriedenheit. Mein Wunsch verlanget auf der Erden Kein Glück, das andre neidend sehn, Nicht jenen einmal gleich zu werden, Die Fürsten an der Seite gehn. O nein, mit wenigem zufrieden Seh' ich des Himmels Führung zu Und was mir seine Gunst beschieden, Erwart ich in gelaßner Ruh'. Ich zweifle nicht, daß seine Güte Auch schon auf meine Wohlfahrt denkt, Die jetzt mein ruhiges Gemüthe Zu Wissenschaft und Tugend lenkt. Drum seh' ich mit zufriednem Blicke Der Titel Rang und Vorzug hang, Und glaube doch, daß mein Geschicke Mich noch weit mehr vergnügen kann. ... O sanfte Ruh' zufriedner Geister! Entweiche nie aus meiner Brust. Du machst mich meines Schicksals Meister, Und ohne dich gilt keine Lust. Bleibt nur dein Reiz, erhabne Tugend, Das höchste Gut, das mich entzückt; So folget der zufriednen Jugend Ein Alter, das noch mehr beglückt.
Composition:
- Set to music by Carl Friedrich Christian Fasch (1736 - 1800), "Die Gemüthsruhe", stanzas 1-2,5-9,11 [ voice and piano ], confirmed with Geistliche, moralische und weltlische Oden, von verschiedenen Dichtern und Componisten, Berlin: verlegts Gottl. August Lange, 1758. Song no. 19, pages 20 - 21
Text Authorship:
- by Johann Adolph Peter Gries (1722 - 1790), "Die Gemüthsruhe"
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Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2018-06-05
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