by Gottfried Keller (1819 - 1890)
Language: German (Deutsch)
War ein heimatloser Wandrer auf des Lebens dunkler Haide, suchte eine Liebesheimat, die mich von der Welt abscheide; und verirrt in düstern Gründen sah ich endlich in der Ferne, wie zwei Irrwisch', schwebend, leuchtend, deine beiden Augensterne. Und vertrauend folgt' ich ihnen ruhlos über Feld und Hügel, und die Hoffnung lieh den Stab mir, und die Sehnsucht gab mir Flügel. Bald an klaren Silberströmen, bald im stillen Rosengarten, schienen mich die blauen Lichter liebelauchtend zu erwarten. Aber war ich an der Stelle müd und durstig angekommen, waren auch die falschen Sterne in den Rosen schon verglommen bis sie wieder in der Weite, in der Weite freundlich lachten und mich schmachtenden Gesellen wieder auf die Beine brachten. Schwebten sie in luft'gen Reigen über blaue Flut des Seees, sprang ich in den leichten Nachen, Schiffer meines schweren Wehes. An dem Ufer stand ein Kirchlein; das war mir ein gutes Zeichen, weil ich dort am Hochaltare sie noch hoffte zu erreichen. Aber da war auch ein Kirchhof nach der alten schlimmen Sitte, und da glänzten die zwei Lichter mild in stiller Gräber Mitte, haben noch mit süssen Strahlen, scheidend noch, mir zugewunken, sind darauf nach Irrlicht Weise in ein Blumengrab versunken!
Composition:
- Set to music by Felix Paul Weingartner (1863 - 1942), "Irrlichter", op. 27 no. 3, published 1900 [ voice and piano ], from Drei Gedichte aus Gottfried Kellers Jugendzeit, no. 3, Leipzig, Breitkopf & Härtel
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Irrlichter"
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Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2015-06-23
Line count: 40
Word count: 199