by Anonymous / Unidentified Author
Die Schildwache
Language: German (Deutsch)
Ich stand am finster'n Turme zur stillen Mitternacht, die Flinte fest im Arme, zu halten gute Wacht. So schritt ich eine Weile getreulich ab und auf, sah forschend in die Runde hinunter und hinauf. In ödem Schweigen lagen die Straßen überall; es hallten keine Tritte, kein Feind beschlich den Wall. Doch sieh! Das tiefe Dunkel durchschien ein blitzend Licht, und einer kam geschlichen mit scheuem Angesicht. „Heda! was hat es Eile? Was flüchtest du so schnell? Soll ich die Wache rufen, du heimlicher Gesell'? Was treibt dich, zu verstecken das reichgestickte Kleid? Ich weiß, du hast gestohlen dein silbernes Geschmeid'! Hab' dich schon lang' belauert; aus einem reichen Haus, da trugest du behende den reichen Schmuck heraus!“ Er blinzet mit den Augen, erblasst und zittert ganz, und schüttet auf mich nieder all seinen Silberglanz. „Ich will dich nicht verraten, hab' dich von Herzen lieb; zieh ruhig durch die Wolken, o Mond, du loser Dieb!“
Authorship:
- by Anonymous / Unidentified Author [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Joseph Fischhof (1804 - 1857), "Die Schildwache", op. 36 [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
This text was added to the website: 2021-10-19
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