by Johann Heinrich Matthias Dambeck (1774 - 1820)
Das Häuschen
Language: German (Deutsch)
Es gibt ein Gässchen in der Stadt - nur schonet mein mit Fragen! Den Namen, den das Gässchen hat, kann ich sofort nicht sagen; genug, es dünkt mich wunderschön, das Gässchen auf und nieder mag ich des Tags wohl zehnmal geh'n, und geh's doch immer wieder. Ein niedlich Häuschen steht allda; das Häuschen hat vor allen, die irgend je mein Auge sah, mir sonderlich gefallen. Zwar wohnt nicht Fürst noch Graf darin, doch wohnten die darinnen, es würde wahrlich Herz und Sinn mir nicht sobald gewinnen. So klein das Häuschen ist, so groß ist doch ein Schatz ihm eigen, ein Etwas, das kein Marmorschloss euch je vermag zu zeigen. Es ist - ich glaub', ihr andet's schier, geehrte Herrn und Frauen - ein Mädchen ist's, gemacht, an ihr die Augen auszuschauen. Harmonisch ist der Glieder Bau am engelschönen Kindchen, ihr sanftes Auge veilchenblau und purpurrot ihr Mündchen; ihr Wänglein, wie die Rose schön, die gestern sich entfaltet, aus silberweißen Lilien dir runde Brust gestaltet. Nun wisst ihr wohl, ihr Leutchen, was mich so ins Gässchen ziehet? Das liebe Blondchen ist's, für das mein ganzes Herz entglühet. Sie zwingt, wie der Magnet den Stahl, mich stets, ihr nachzugehen; wohl hab' ich's Mädel hundertmal, doch nimmer satt gesehen. Ein Umstand nur behagt mir nicht: Ein Bäschen, grau von Haaren, ist stets um Blondchen; wie man spricht, ihr Kränzchen zu bewahren. Das Weib mag wohl zurück an sich und ihre Freier denken, d'rum muss bisher mein ganzes Glück auf Blicke sich beschränken. Das kleine Fenster rechter Hand ist Blondchens Lieblingsörtchen, da pflanzte sie von Amarant und Rosen sich ein Gärtchen. Bei jedem Gang seh' ich nach ihr hinauf zum Blumenfenster und seufz': Ach, wär' ich, wie du mir die Schönste bist, dein Schönster! Bald seh' ich sie im leichten Kleid aus silberweißem Linnen mit emsiger Behendigkeit ein zartes Fädchen spinnen. Ein Liedchen tönt dann oft dazu aus ihrer Silberkehle; hör' ich das Liedchen, dringt's im Nu mir durch die ganze Seele. Bald pfleget sie der Blümchen, die dem Fenster Zierde geben, und reiniget und tränket sie, und stützet sie mit Stäben; da lässt sie denn so dann und wann ein Blickchen auf mich schießen, das nütz' ich auch, so gut ich kann, gar freundlich sie zu grüßen. Doch ach, ich weiß nicht, wie's geschieht, begegnen uns're Blicke einander sich, dann hurtig zieht die Kleine sich zurücke. Ihr Gegengrüßchen nickt sie zwar, doch leider nur im Fliehen; vor Scham scheint auch ihr Wangenpaar oft feurig zu entglühen. Zwar: „Oft ist dies der Neigung Spur,“ spricht mein erfahr'ner Vetter, „Das liebe Täubchen scheut wohl nur der Base Donnerwetter!“ Ach wollte, dass er Wahrheit sprach, sie mir doch bald verkünden! Für's and're würd' ich allgemach mein Plänchen schon erfinden. Weiß ich einmal: Ihr Herz ist mein, dann wollt' ich bei der Alten nicht Mühe und nicht Kosten scheu'n, auch 's Händchen zu erhalten. Man sagt, mit Zucker und Kaffee und reich besetzten Stoffen ließ' sich von Basen wohl schon eh' für Freier manches hoffen. Gelingt es mir dereinst, vertraut als Gattin sie zu küssen, dann möget, wo man's Häuschen schaut, ihr Leutchen auch noch wissen. Doch bis dahin - gehabt euch wohl, und lasst es euch nicht grämen, dass Sang und Klang geheimnisvoll allhier ein Ende nehmen.
Authorship:
- by Johann Heinrich Matthias Dambeck (1774 - 1820) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Václav Jan Křtitel Tomášek (1774 - 1850), "Das Häuschen", op. 2 (6 Lieder) no. 4 [ voice and piano ] [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
This text was added to the website: 2021-10-19
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