by Johann Stephen Schütze (1771 - 1839)
Seufzer des Gefangnen
Language: German (Deutsch)
Warum ich bleibe, Warum ich traurig bin? Fragt nur die Nachtigall; Sie flog sonst überall Durch Wies' und Blumen hin Zum Zeitvertreibe. Bis auf den Auen Sie jüngst die Rose sah; Nun sitzt sie traurend dort, Versteckt am dunklen Ort, Nur stets der Rose nah, Sie anzuschauen. So hält gefangen Mich jetzt ein Veilchenpaar; Es bannet Herz und Sinn, Es zieht zur Nachbarin Ein Äuglein blau und klar Seel' und Verlangen. Die Freunde rufen, Es ladet Spiel und Schmaus, Es lockt der Hörner Klang, Des Waldes Jagdgesang; Ich kann nicht aus dem Haus, Nicht von den Stufen. Ein Herz voll Sorgen! Es rührt und regt sich nicht. Ist sie wohl ganz allein? O dürft ich bei ihr sein! O lieblich Angesicht, Warum verborgen! Blüht doch so gerne Die Ros' in ihrer Zier Dem Sänger licht und frei, Daß er nicht traurig sei: Warum, o Veilchen, mir Kein Blick von ferne? Halb mit Vertrauen Umschweb' ich Tür und Haus, Und wie ein Vogel schwirrt, Wenn Tür und Fenster klirrt, So flieg' ich ein und aus, Läßt du dich schauen. Ein halbes Leben, Nur halb gefesselt sein, So auf und ab zu fliehn, Den ew'gen Kreis zu ziehn, Von Schmerz zur vor'gen Pein Zurück zu schweben. O süß Verlangen, Du Blick voll Himmelsglanz, O tu dich strahlend auf, Gib Flügel meinem Lauf, O nimm mich endlich ganz Zu dir gefangen.
Confirmed with Taschenbuch zum geselligen Vergnügen, zwanzigster Jahrgang, ed. by W. G. Becker, Leipzig: Johann Friedrich Gleditsch, 1810, pages 193 - 195. Note: some spellings have been modernized from this source (e.g., "seyn" -> "sein").
Authorship:
- by Johann Stephen Schütze (1771 - 1839) [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Karl Friedrich Zelter (1758 - 1832), "Seufzer des Gefangnen" [ sung text checked 1 time]
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