by Anonymous / Unidentified Author
Wenn kaum noch Nacht und Schatten...
Language: German (Deutsch)
Wenn kaum noch Nacht und Schatten fliehen, Mit Netz und Hund in Wald zu ziehen, Dieß hab ich niemals noch gethan, Mir würde diese Lust zur Strafe. Man jage immerhin: ich schlafe. Das ist mein alter Schlendrian. So Zeit als Menschen zu verklagen, Den Kopf recht gleißnerisch zu tragen, Das hab ich niemals noch gethan. Die Jugend lustig zu genießen, Eh Muth und Kraft verrauchen müßen. Das ist mein alter Schlendrian. Das Geld in jugendlichen Jahren, Schon, bis es schimmelt, zu bewahren, Das hab ich niemals noch gethan. Nein, euch Gefangne zu befreien, Um Lust und Nächsten euch zu weihen: Das ist mein alter Schlendrian. Die Tugend schändlich auszuhöhnen, Der Schmähsucht Lasterdienst zu fröhnen, Das hab ich niemals noch gethan. Doch keine Fehler zu verschweigen, Sie unter Scherz im Glimpf zu zeigen, Das ist mein alter Schlendrian. Den Nächsten klüglich zu berücken, Dieß kann für andre nur entzücken, Das hab ich niemals noch gethan. Soll ich mich ja zu Dieben zählen, So werd ich doch nur Küße stehlen. Dieß ist mein alter Schlendrian. Wenn andre mit den Gläsern winken, Zu dursten und nicht mit zu trinken, Das hab ich niemals noch gethan. Dir, Weingott, gilt es: Dir zu Ehren, Will ich ein volles Gläschen leeren, Es ist mein alter Schlendrian. Wenn Glück und Schicksal mich versuchen, Im Mangel beiden zornig fluchen, Das hab ich niemals noch gethan. Wenn Zeit und Glück mir eisern heißen, Am fröhlichsten mich zu erweißen, Das ist mein alter Schlendrian. Statt Müh und Fleiß in groben Sünden, Ein müßiges Vergnügen finden, Das hab ich niemals noch gethan. Eh schnelle Jahre von mir eilen, In Fleiß und Lust sie einzutheilen, Das ist mein alter Schlendrian. Kaum schläft der Thor, so wacht kein Kummer, Erschrocken fährt er auf im Schlummer, Das hab ich niemals noch gethan. Ihm träumt vom Feuer und von Dieben, Und mir von Mädchen, Kuß und Lieben, Das ist mein alter Schlendrian.
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Confirmed with Der Hofmeister, zweiter Theil, Leipzig: Georg Wilhelm Pouillard, 1753, pages 254 - 256. Appears in das 32. Stück, den 8 des Augustmonats 1752. No author is given.
Authorship:
- by Anonymous / Unidentified Author, "Mein Schlendrian" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Johann Friedrich Karl Lauer , "Der alte Schlendrian", published 1788 [ voice and piano ] [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2020-04-16
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