by Nikolaus Lenau (1802 - 1850)
Schläfrig hangen die sonnenmüden Blätter
Language: German (Deutsch)
Schläfrig hangen die sonnenmüden Blätter, Alles schweigt im Walde, nur eine Biene Summt dort an der Blüte mit mattem Eifer; Sie auch ließ vom sommerlichen Getöne, Eingeschlafen vielleicht im Schoß der Blume. Hier, noch Frühlings, rauschte die muntre Quelle; Still versiegend ist in die Luft zergangen All ihr frisches Geplauder, helles Schimmern. Traurig kahlt die Stätte, wo einst ein Quell floß; Horchen muß ich noch dem gewohnten Rauschen, Ich vermisse den Bach, wie liebe Grüße, Die sonst fernher kamen, nun ausgeblieben. Alles still, einschläfernd, des dichten Mooses Sanft nachgiebige Schwellung ist so ruhlich; Möge hier mich holder Schlummer beschleichen, Mir die Schlüssel zu meinen Schätzen stehlen Und die Waffen entwenden meines Zornes, Daß die Seele, rings nach außen vergessend, Sich in ihre Tiefen hinein erinnre. Preisen will ich den Schlummer, bis er leise Naht in diesem Dunkel und mir das Aug schließt. Schlaf, du kindlicher Gott, du Gott der Kindheit! Du Verjünger der Welt, die, dein entbehrend, Rasch in wenig Stunden wäre gealtert. Wundertätiger Freund, Erlöser des Herzens! Rings umstellt und bewacht am hellen Tage Ist das Herz in der Brust und unzugänglich Für die leiseren Genien des Lebens, Denn ihm wandeln voran auf allen Wegen Die Gedanken, bewaffnet, als Liktoren, Schreckend und verscheuchend lieblichen Zauber. Aber in der Stille der Nacht, des Schlummers, Wacht die Seele heimlich und lauscht wie Hero, Bis verborgen ihr Gott ihr naht, herüber Schwimmend durch das wallende Meer der Träume. Eine Flöte klang mir im Schlaf zuweilen, Wie ein Gesang der Urwelt, Sehnsucht weckend, Daß ich süß erschüttert erwacht' in Tränen Und noch lange hörte den Ruf der Heimat; Bliebe davon ein Hauch in meinen Liedern! Schlaf, melodischer Freund, woher die Flöte? Ist sie ein Ast des Walds, durchhaucht vom Gotte, Hört ich im Traum des heiligen Pan Syringe?
About the headline (FAQ)
Text Authorship:
- by Nikolaus Lenau (1802 - 1850), no title, appears in Gedichte, in 5. Fünftes Buch, in Vermischte Gedichte, in Waldlieder, no. 7 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by August Reuss (1871 - 1935), "Waldlied", op. 3 [ tenor, men's chorus, and orchestra ], München: Kühle [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2008-12-29
Line count: 43
Word count: 295