by Johann (Paul) Priem (1815 - 1890)
Der Wettstreit der Getränke. Faschingsscherz
Language: German (Deutsch)
Erste Scene Traube Das ist ein Wein, wie er seit Jahren Nicht besser aus einem Fasse rann, Wie Gold wird Jeder ihn aufbewahren, Der seine Güte recht schätzen kann, Doch leider werden die ächten Kenner So selten jetzt wie der gute Wein, Man möchte lieber ein Branntweinbrenner Als Besitzer eines Weinbergs sein. Der Hopfen verdrängt die edle Rebe Bald überall in der ganzen Welt, Am Ende wird noch die Jungfer Hebe Als Münchner Kellnerin angestellt. Bräuhäufer gibst an allen Enden, Die halbe Erde trinkt bayerisch Bier, Und zu den Menschenfressern senden Die Bräuer schon ihre Fasser schier. Ja, selbst an unserm gesegneten Rheine, Wo Ritter und Knecht aus Humpen trank Vom edelsten der deutschen Weine, Sitzt alle Welt auf der Bierhausbank! Zweite Scene Malzhuber Beim heil'gen Natzi, du hast's troffen Das ist's auch, was mich lang schon freut, Dem Bier steht alle Welt jetzt offen Das heißt, die Leut'l'n werden gscheidt; -- Der Wein ist oft der Reichen z'theuer, D'rum macht bei mancher Excellenz -- Und wenn er noch so gut ist heuer -- Das Bier ihm siegreich Konkurrenz. Traube Wie? Dein Gebräu von Malz und Hopfen Stellst Du an's edle Rebenblut? Wem geben deine bittren Tropfen Begeisterung und hohen Muth? Wo ward je ein Poet geboren, Dem Bier der Dichtung Schwingen lieh? Malzhuber Nein, damit laß mich ungeschoren, Sprichst du von deutscher Poesie; Die ist gar oft schon einem Glase Voll dünnen Bier's, mein Freund, entstammt, Wenn nicht die himmlische Extase Ein Gläschen Kümmel gar entflammt; Zum Weine reichts in deutschem Lande Für einen deutschen Dichter nicht, Wenn nicht ein seltnes Glück die Bande Des armen Musenjüngers bricht. Traube Wer spottet, der wird noch nichts beweisen, So spricht nur frevelnder Übermuth; Weil den Wein die Dichter ehren und preisen So schmähst du sie in ohnmächt'ger Wuth. Der Wein ist das edelste aller Getränke, Das lehrt die Geschichte seit alter Zeit, Laß ab von deinem eitlen Gezänke, Zu dem dich nur reizt der hämische Neid. Malzhuber Was brauchts den Neid -- von einem König Stammt mein Getrank, das edle Bier, D'rum macht es sich Alles unterthänig Und bietet mit Freuden den Wettkampf dir! [continues with prose passages] Dritte Scene [no singable verses, all prose] Vierte Scene William Dieses Gentlemen wollen nix lassen gelten der Thee als das erste und beste Getränk der Welt. Was sagen dazu dein Prophet, weiser Moslem? Abdallah Thee ist wie die weiße Rose von Caschmir, aber Mocca ist die Himmelsblume, die da blüht über dem Grabe des Propheten an der heilige Stätte, wo einst sein Fuß gewandelt. William Goddam, was reißen du auf das Maul so weit mit deinem schwarzen Gesöff, das nix mag trinken ein Mensch auf das Continent? Ick versorgen allein mehr Länder mit Kaffee aus meine Plantagen in Ost- und Westindien als dein ganzes Arabien. Abdallah Wer nie die Wonne des himmlischen Mocca geschlürft, der lasse seinen Mund schweigen von den Freuden des Paradieses. Fünfte Scene Seekapitän Lemoni Der Punsch ist das edelste aller Getränke! Wenn der Nordwind pfeift und die Möve krächzt Und im Sturme die Wolken jagen, Nach dem Feuertrank meine Seele lechzt, Und ich leere das Glas voll Behagen. Was kümmert's mich, wenn die Planke ächzt Und die Wellen dagegen schlagen -- Durch die Gurgel fließt ja die heiße Fluth Und in Flammen setzt sie des Seemanns-Blut. Sechste Scene [following more prose] Pinke Männeken, machen Sie sich nich lächerlich. Haben wir nich Friede jemacht mit einander, sind wir nicht zu Schutz und Trutz verbunden und zollvereinlich affocirt? He, He? Lassen Sie uns die Friedensfeife mit einander rauchen und jenießen Sie eenen Bittern mit mir. Schnaps, Schnaps, Schnaps, Du edeles Getränke Dich preise ich, du edler Saft, So oft ich dein gedenke! Siebente Scene Neptun, der Wassergott Ha! Welche Töne klingen mir an's Ohr! Der größte Feind, den ich auf trocknem Land, Das meinem Dreizack nicht gehorcht, besitze Bist du! Entferne dich aus meiner Nähe! Die ärgste Schmach, die meinem Element Der Mensch bereitet -- ist dein Ideal! Gebranntes Wasser nur löscht deinen Durst, Die Flamme, die ich hasse, ist dein Gott! Verschwinde! oder aller Quellen Naß, Das aus der Erde tiefstem Innern dringt, Soll fortan nur durch deine Gurgel rinnen! [Two characters mutter to each other in prose and leave the stage, arm in arm.] Neptun Zu meinem Ohr ist das Gerücht gedrungen Von eurem Streit, ein Jeder dünkt sich mehr In seinem Sinn zu gelten als der and're. Es streiten Wein und Bier, Kaffee und Thee Sich um den Vorrang, -- jedes der Getränke Behauptet, daß es herrsche in der Welt. -- Wie thöricht doch erscheint mir diesen Wahn! -- Was seid ihr Alle, ohne meinen Beistand? Ich bin der Herrscher, der gewaltige Im weiten Reich der irdischen Getränke Nicht ohne mich vermögt ihr zu besteh'n! Traube Eure Hoheit entschuldigen -- ich dächte doch, Der Wein brauche die Hülfe des Wassers nicht. -- Neptun Er braucht sie nicht, allein er sucht sie doch! Ein tausendstimmig Zeugniß gibt die Menschheit Mir gern dafür, daß ihr die edle Gabe Der Götter fälscht mit meinem Element! Abdallah Stern Sakkra! Freund Träuble, ich glaub er hat Recht, Wenn Ihrs nicht thut, gibt's genug andere, Die ohne Gott Neptunius nicht bestehen können. Neptun Du bist in gleichem Fall! Schon von der Wiege Ist dein Gebräu dem Element vermählt, Das ich beherrsche, und selbst in der Reise Schwächst du es ab aus meinem kühlen Born! Malzhuber Sel ist nit wahr! Das thun nur die Malefizsakkra, Die Bierzapfler, a tüchtiger Bierbrauer g'wiß nit. Aber was wahr, is, is wahr. Ohne Wasser könnt mer halt nix macha. Neptun Ihr Andern schweigt, -- im richtigen Gefühl Der Wahrheit, die aus meinen Worten spricht. Das Element des Wassers ist die Kraft, Die euch beherrscht, und ohne seine Macht Seid ihr ein Nichts, ein wesenloses Ding! Der Durst ist meinem Scepter unterthan -- Ihr löscht ihn nicht, so viel ihr's euch auch rühmt, Ihr zeugt ihn erst und laßt ihn mächtig wachsen, Das Wasser nur allein ist's, das ihn stillt. Doch nicht vergebens sollt um euer Recht In bitterm Wortgezänk gekämpft ihr haben, Ich schlichte euren Zwist, -- ein Jeder hat Für sich ein Anrecht auf die Gunst der Menschen. So sei auch Jedem nun ein Theil der Zeit, Die eines Tages Stunden je umschließt Für seine Herrschaft redlich zuerkannt: Dem Wein gehört des Tages heitre Mitte, Dem Bier der Abend nach gewohnter Sitte, Und mit ihm theilt der Thee das Regiment, In jener Welt, die sich die noble nennt; Dem Kaffee sei, der edle Moccabohne Der Morgen zugetheilt, des Tages Krone, Und nach des Mittags gütlichem Behagen Sei er bestimmt zu stärken unsern Magen. Nun aber laßt die Freude walten, Sie will nur Frohe um sich seh'n, Und unter ihres Scepters Schalten Wird jedes Leides Spur verweh'n. zu den vier Getränken Hier sind die Stützen eures Reiches: Aus Frankreich und vom Ungarland, Aus Spaniens und Siciliens Bergen, Vom Main und Miesbach stramme Burschen Und schmucker Kellnerinnen Schaar, Dort von der Isar grünen Höhen; Aus Holland und aus Schottland gar, Selbst aus Arabien und China, Aus Rußlands Steppen kommen sie Zum Dienst der Freude hergezogen In niegeahnter Harmonie. Wo so die Völker sich umschließen Da bricht die Zeit, die gold'ne, an, Da muß der Eintracht Blume sprießen Und schwinden jeder finst're Wahn: Ringt Alle nach der Freude Kranze, Sie ruft euch rasch herbei zum Tanze. (Der Vorhang fällt.)
Confirmed with Johann (Paul) Priem, Sommer- und Winterfrüchte. Dramatische Spiele, Nürnberg: v. Ebner'sche Buch- und Kunsthandlung, 1868, pages 159 - 173.
Authorship:
- by Johann (Paul) Priem (1815 - 1890), "Der Wettstreit der Getränke. Faschingsscherz" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Karl Deigendesch (1839 - 1911), "Der Wettstreit der Getränke. Faschingsscherz", subtitle: "Dramatisches Singspiel", published 1900 [ soli, mixed chorus, and piano four-hands ], Regensburg, Coppenrath Verl. [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2021-08-28
Line count: 209
Word count: 1204