by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
An den jungen Bruder
Language: German (Deutsch)
Du, gestern Knabe, dem die Wirrnis kam: daß sich dein Blut in Blindheit nicht vergeude. Du meinst nicht den Genuß, du meinst die Freude; du bist gebildet als ein Bräutigam, und deine Braut soll werden: deine Scham. Die große Lust hat auch nach dir Verlangen, und alle Arme sind auf einmal nackt. Auf frommen Bildern sind die bleichen Wangen von fremden Feuern überflackt; und deine Sinne sind wie viele Schlangen, die, von des Tones Rot umfangen, sich spannen in der Tamburine Takt. Und plötzlich bist du ganz allein gelassen mit deinen Händen, die dich hassen – und wenn dein Wille nicht ein Wunder tut: ------------------------------------------ Aber da gehen wie durch dunkle Gassen von Gott Gerüchte durch dein dunkles Blut.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "An den jungen Bruder", appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 38 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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