by Eduard Mörike (1804 - 1875)
Unschuld
Language: German (Deutsch)
"Treibet, Winde, Eilet, eilet! Nach der Heimat, nach der lieben, Will ich ziehen; Lichte Wolken, tragt mich hin! Aber an der letzten Insel drüben, Ach, da ruhet aus und weilet!" Und es wehn die luftgen Flügel Mit der Göttin durch die Höhn, Über Berge, über Seen, Über klare Meeresspiegel. Seht die Himmlische, die Milde, Mit dem Lilienkranz geschmückt, Wie sie von dem Wolkenbilde Sehnend in die Weite blickt! Schon betritt sie das Gestade: Aber weh! was ist geschehn? Warum muß sie traurig stehn? Warum wendet sie die Pfade? -- Von dem Eiland wieder muß sie scheiden, Ewig muß die Reine meiden Das Geschlecht, das schaudernd sie gesehn. -- Einem Kinde, das im Abendscheine Ruhig spielt am Meeresstrand, Drückt sie ihrer Blumen eine, Schmerzlich blickend, in die Hand: Ach! es sieht der holde Knabe Freundlich auf die Geberin, Doch er kennet erst die Gabe, Wenn sie aufgehört zu blühn. "Ja, mein Reich, es sollte schnell vergehen, Länger will ich diesen Gram nicht nähren, Heim will ich zum Himmel wieder kehren; Die mich lieben, sollen dort mich sehen."
Authorship:
- by Eduard Mörike (1804 - 1875), "Unschuld" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Fritz Franz Schieri (1922 - 2009), "Unschuld", 1999 [ voice and piano ] [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Peter Palmer
This text was added to the website: 2010-06-09
Line count: 34
Word count: 174