Weißt du, wie wir träumend saßen an dem blüh'nden Rosenhage, träumend bei der Quelle Flüstern von dem Glück der künft'gen Tage? Eine Nachtigall sang flötend sehnsuchtsvolle, süße Lieder, und des Schlosses alte Mauern hallten fern die Klänge wieder. Unten aber floss der Neckar, mondbeglänzt das Tal durchrauschend, und die Bäume wiegten leise ihre Häupter, Grüße tauschend. Liebe hauchten Blüt' und Blume, rauschten flüsternd Fluss und Quelle, und aus deinen Augen strahlte mir die Liebe freudenhelle. Weißt du noch?
6 Lieder , opus 81
by Heinrich Esser (1818 - 1872)
1. Erinnerung  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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Note for stanza 2, line 1: there is a typo in the Spicker score that we have corrected above. We changed "saß" to "sang".
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2. Erinnerung  [sung text checked 1 time]
Verblüht sind die Rosen am Hage, verklungen der Nachtigall Sang; der Sturmwind braust wild von der Höhe und ziehet das Tal entlang. Die Mauern des Schlosses, sie ragen gespenstisch hinein in die Nacht, erstarrt ruhen unten die Wasser in schauriger Winterpracht. Ich aber blicke voll Bangen hinüber zum Fischerhaus, dort glänzt eine einsame Flamme ins nächtliche Dunkel hinaus. Ich sehe sie flackern und leben, sie langsam verlöschen, verweh'n; ich hab' in der sterbenden Flamme das Bild deiner Liebe erseh'n.
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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Researcher for this page: Johann Winkler3. Winterabend  [sung text checked 1 time]
Die Welt ist rings so stille, als läg' sie tief im Traum; man hört nicht weinen, nicht lachen, nur leise rauscht's im Baum. Es klingen aus den Zweigen, als säng' im Schlaf ein Kind, der Fluren Schlummerlieder so leise und so lind. Das Dorf, es liegt im Dunkeln, umwogt vom Nebelmeer; der Wind trägt aus den Hütten verworr'ne Laute her. Nichts stört die tiefe Ruhe der weiten Gotteswelt; ein schüchtern Reh nur huschet durchs schneebedeckte Feld. Das ist der Himmelsfrieden, ohn' Lärm, ohn' Streit und Spott, das ist die Zeit zum Beten: O höre mich, mein Gott!
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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Researcher for this page: Johann Winkler4. Abendfrieden  [sung text checked 1 time]
Horch, wie es in weitem Kreise lieblich klinget, flüsternd weht! Durch die Schöpfung ziehet leise Schlummerlied und Nachtgebet. Blütenduft'ge, süße Träume schweben durch den grünen Hain; heimlich rauschen alle Bäume, und die Büsche stimmen ein. Welch ein märchenhaftes Klingen, welch geheimnisvolles Weh'n, durch die Zweige welch ein Singen, Saitenspiel aus Himmelshöh'n! Wie die Vöglein süße locken rings in lieblichem Verein, und, gewiegt vom Abendwinde, geht der grüne Wald zur Ruh'. Möcht' wohl wissen seine Träume, wenn geheimnisvoll er nickt, und der Mond durch Busch und Bäume heimlich lauschend niederblickt.
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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Note: the text above follows the Esser score, but there seems to be a problem with stanza 4. When we find an independent source for the text, we will add further information.
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5. Herbst  [sung text checked 1 time]
Die roten Blätter fallen da draußen in dem Wald; wie ist so seltsam verändert mein liebster Aufenthalt! Die fernen Glocken klingen vom Dorf her hinter dem Rain; welch wunderbarlich Sehnen schleicht in mein Herz hinein? Sind das dieselben Bäume? Wie schauen so trübe sie d'rein, in des Sommers fröhlichen Tagen die lieben Gesellen mein! Sind das dieselben Bäume, die mit lieblichem Gruß mich umrauscht, wenn ich im blühenden Walde auf ihren Sang gelauscht? Verweht sind Blüten und Blumen, der Herbstwind rauscht in dem Baum, und vor mir liegt der trübe, der lange Wintertraum!
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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Researcher for this page: Johann Winkler6. Am Tage Allerseelen  [sung text checked 1 time]
Am Tage Allerseelen, da wallt es durch das Thor, Da strömt aus allen Häusern die trauernde Menge hervor. Und nach dem Friedhof ziehet hinaus der Menschenschwarm, Und lachende Kinder, sie tragen den Todtenkranz am Arm. Die Luft weht scharf da draussen, der Himmel blauet so rein, Und auf den geschmückten Gräbern, da liegt der Sonnenschein. Der Sonnenschein, der dringet wohl durch den Sand hinab Und wärmt die lieben Todten da unten im kühlen Grab. Am Tage Allerseelen bin ich so gern allein Und denke sinnend und träumend der lieben Todten mein. In stiller Dämmrungsstunde, wenn Alles schweigt umher, Ist mir, als ob ich gestorben und längst begraben wär'. Da kommen die Todten alle, die bekannten Gestalten herbei Und ziehen heimlich grüssend in [luftigem]1 Zuge vorbei. Und mich fasst es wie heiliger Schauer, zu athmen wag' ich kaum, Bis dass verweht, verklungen mein Allerseelentraum.
Authorship:
- by Fritz Brentano (1840 - 1914)
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View original text (without footnotes)1 Esser: "lustigen"
Research team for this page: Melanie Trumbull , Johann Winkler