Tanzt, Paar und Paar, den Ringeltanz Am schönen Tag nach Pfingsten, Bei Saitenklang' im Blumenkranz, Ihr bräutlichsten und jüngsten! Das Thal is bunt und weich; Es glänzt der blaue Teich; Rings blühet Baum, und blüht Gesträuch! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Es raste Pflug und Egge heut', Es raste Hark' und Spaden! Uns hat die schöne Sommerzeit Zum Pfingstbier eingeladen! Der Bursche, der im Ritt Den Flimmerkranz erstritt, Der tanzt voran, sein Liebchen mit! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Heut' warten Greis' und Hunde nur Des Viehs auf grüner Weide; Doch trieben sie zur nächsten Flur, Und horchen unsrer Freude. Der Wälder Wiederhall Antwortet überall, Und froher schlägt die Nachtigall. Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Was gehst du, grüner Jäger, dort Mit blankem Mordgewehre? O Schande doch, daß heute Mord Des Waldes Freude störe! Komm, Jäger; sei nicht wild! Die Sonne scheint so mild! Und tanze mit, von Freud' erfüllt! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Auch unsers Fischers Nachen ruht Bei aufgestellten Netzen; Heut' darf in sonnenheer Fluth Sich Hecht und Stint ergetzen. Komm, Jäger, her in's Grün, Wo Bäum' und Mädchen blühn! Eilt, Mädchen, eilt und fanget ihn! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Die Hand geklascht, und flink herum! Ihr Männer dort, juchheiet, Und trink der Braut Gesundheit um, So oft ein Mädchen schreiet! Dann guckt und klappert sehr Der Storch vom Giebel her; Doch, Liebchen, nur von ungefähr! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein! Auf! jeder schwing' im Ringeltanz Sein Mädchen, fest umfangen: Der Westwind kühlt ihr unter'm Kranz Die feuerroten Wangen! Im Kreise, froh der Schau, Sitzt mancher, alt und grau, Und drückt die Hand der alten Frau! Alle. Im Maien, Am Reien, Da freun, da freun Sich hüpfende Knaben und Mägdelein!
Gesänge und Lieder einheimischer Dichter für Kenner und Liebhaber
by Karl Hanke (1750 - 1803)
Pfingstreihen
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Pfingstreihen", appears in Oden und Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesConfirmed with Sämmtliche poetische Werke von Johann Heinrich Voss, ed. by Abraham Voss, Leipzig, Immanuel Müller, 1835, pages 172-173.
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Die Dorfjugend
Horch, der Küster beiert, Mädchen, weiß und zart: Morgen wird gefeiert, Denk' ich, Himmelfahrt. Dann ist keine Schule, Dann wird Rad und Spule Samt dem Zeichentuch verwahrt. Glatt im Sonntagsjäckchen Mußt du morgen sein, Buntgewirkt das Röckchen, Tuch und Schürze fein; Und die blanke Mütze Samt den Schnallen blitze, Wie du gehst, im Sonnenschein. Längs dem Kirchengange Gafft dich alles an: Seht die schmucke Lange! Seht, sie wächst heran! Selbst der Pfarrer bücket Fromm das Haupt, und blicket, Was sein Auge blicken kann. Aber ich, dein Lieber, Ist das Wetter schön, Werde gegenüber Auch im Schmucke stehn, Und bei Saitenklange, Predigt und Gesange, Dich nur hören, dich nur sehn. Nachmittags dann holen, Liebchen, du und ich, Sträußer von Violen, Kränz' aus Möserich; Und wo grün von Zweigen Junge Mai'n sich neigen, Lagert man am Hügel sich. Schön in Strauß und Kranze, Schön wie eine Braut, Folgst du mir zum Tanze Sittsam und vertraut: Da wird frisch gesungen Und herumgesprungen, Nach des blinden Fiedlers Laut. Mit Gekreisch und Juchen Schwärmt des Dorfs Gewühl Dann um Nüß' und Kuchen Und ein Pfänderspiel. Aber, kleine Dirne, Gieb mir acht, ich zürne, Küssest du mir allzu viel!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Die Dorfjugend", written 1790, appears in Oden und Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesResearcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
Der Korb
Es freit' ein alter Junggesell, Mit neugeschabtem Barte. Wie that er schön, wie [guckt']1 er grell, Als man bei Tisch uns paarte! Laß ihn nur grell und artig sein, Und noch so glatt sich schaben! Nein, wahrlich nein! Ich will den Herrn nicht haben! Er trug ein Kleid von altem Schnitt, Und seines Oheims Schnallen. Wie äugelt' er, wie macht' er mit, [Dem]2 Mädchen zu gefallen! Er mag um reiche Wittwen frein, Mit reichen Morgengaben! Nein, wahrlich nein! Ich will den Herrn nicht haben! Mit seinem wohlersparten Gut Und seiner Tugend pral' er! Was kümmert mich sein falber Hut, Und seine blanken Thaler! Soll sich ein frisches Jüngferlein Am dürren Geize laben? Nein, wahrlich nein! Ich will den Herrn nicht haben! Bald sezt er weiter seinen Stab, Um ehrenfest zu werben. Dann, Schwestern, fertigt flink ihn ab Mit nettgeflochtnen Körben! Laßt ihn [bis gar]3 zum Zipperlein Auf Freierfüßen traben! Nein, wahrlich nein! Ich will den Herrn nicht haben!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Der Korb", appears in Oden und Lieder, in Erstes Buch, no. 32 [author's text checked 2 times against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesView original text (without footnotes)
Confirmed with Sämtliche Gedichte von Johann Heinrich Voß, Auswahl der lezten Hand, Dritter Band, Königsberg: in der Universitäts-Buchhandlung, 1825, pages 150-151.
1 Krufft: "kuckt"2 Krufft: "Den"
3 Krufft: "sogar"
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Die Andersdenkenden Matches base text
Wohlan, wir bleiben einig und gönnen uns die Ruh'! Ich sage, dieses mein' ich, und jenes meinest du. Scheint künftig, was ich meine, dir gar zu wunderlich, so denk', ob's anders scheine mir selbst, und fasse mich. Die Worte, Lieber, haben oft mancherlei Verstand; oft hat man tief gegraben, bis man den rechten fand. Oft seh'n wir nur Erscheinung, die wir uns selbst verrückt, wie besser sich die Meinung zum Widerlegen schickt. Ich pflegte sonst doch billig besonnen noch zu sein, und jetzo tappt' ich willig in Albernheit hinein? Doch nimmer werd', als töricht, was mir vernünftig scheint, geworfen in den Kehricht; nur nicht als bös', mein Freund! Dein Bruder meint's, du Lieber, mit Gott und Menschen gut. Sonst, sage mir, wie hüb' er so fröhlich Aug' und Mut? Lass denn die bösen Namen auf -auer, -ist und -at! Sie streu'n des Bösen Samen und dämpfen Rat und Tat. Die Summe der Vereinung: Der Gegner sei geehrt! Verfolgt sei nur die Meinung, die freie Meinung stört! Komm, edler Freund, wir brechen den Bissen Salz und Brot und geh'n dabei, und sprechen! O sieh' das Abendrot!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826) [author's text not yet checked against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesResearcher for this page: Johann Winkler
Der Freier
Das Mägdlein, braun von Aug' und Haar, Kam über Feld gegangen; , Die Abendröte schien so klar, Und Nachtigallen sangen. Ich sah und hörte sie allein. Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein! Ein Röckchen trug sie, dünn und kurz, Und leichtgeschnürt ihr Mieder; Es weht' ihr Haar, es weht' ihr Schurz, Im Wefte hin und wieder; Die Strümpfe schienen weiß und fein. Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein! Die bunte Kuh, gelockt mit Gras, Kam her vom Anger trabend; Und als das Mägdlein melkend fals, Da bot ich guten Abend, Und schielt' ins Busentuch hinein. Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein! Sie nickte mir mit holdem Gruß; Da ward mir wohl und bange, Und herzhaft drückt' ich einen Kuß Auf ihre rote Wange, So rot, so rot, wie Abendschein. Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein! Ich half ihr über Steg und Zaun Die Milch zu Hause bringen, Und gegen Ungetüm und Graun Ein Schaferliedchen singen; Denn dunkel wars im Buchenhain. Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein. Die Mutter schalt: So spät bei Nacht? Da stand sie ach! So schämig. Sacht, sprach ich, gute Mutter, sacht! Das Töchterlein, das nehm' ich! Nur freundlich, Mutter, willigt ein! Dalderi daldera, das Mägdelein Soll mein Herzliebchen sein!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Der Freier", appears in Oden und Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesResearcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
Der Flaußrock Matches base text
Ein Regensturm mit Schnee und Schlossen zog düster über Land und Meer, dass Traufen gleich die Dächer gossen; die Küh' im Felde brüllten sehr. Frau Käthe, die zwar niemals zanket, sprach hastig: Geh doch, lieber Mann, geh hin, eh' Blässchen uns erkranket, und zieh den alten Flaußrock an! Die beste Kuh ist unser Blässchen; und höre, wie sie kläglich brüllt! Sie hat uns schon manch liebes Fässchen mit Milch und Butter angefüllt. Entsetzlich tobt des Sturms Gesause! Geh hin, mein lieber, guter Mann, und hole Blässchen mir zu Hause, und zieh den alten Flaußrock an. Mein Flaußrock dient' in Sturm und Regen, solang' er neu und wollig war. Doch jetzo hält er schwerlich gegen; ich trag' ihn schon an dreißig Jahr'. Frau, lass uns nicht so nährig geizen. Wer weiß, wie bald man sterben kann! Bedenk', für eine Tonne Weizen schafft sich ein neuer Flaußrock an. Für so viel Weizen trug zur Feier der Herzog Ulrich seinen Rock und murrte doch, er sei zu teuer, und schalt den Schneider einen Bock. Der fromme Herr war Fürst im Lande, und du bist ein gemeiner Mann. Der Hochmut führt in Sünd' und Schande, drum zieh den alten Flaußrock an. Nicht prunken will ich, liebes Käthchen, nur warm durch Sturm und Regen geh'n. Schon zählen lässt sich jedes Drähtchen, Ja, Fäserchen und Fetzen weh'n. Sieh Roberts, Wilms und Bartels Kleider! Wann gehen die so lumpicht, wann? Doch Werkeltag und Sonntag leider Zieh' ich den alten Flaußrock an! Der Flaußrock, deucht mir, ist noch billig; ich hab' ihn gestern erst geflickt. Du weißt, wie sorgsam ich und willig dich stets gepfleget und geschmückt. Du findest hier ein warmes Stübchen und eine warme Suppe dann. So geh denn hin, du wack'res Bübchen, und zieh den alten Flaußrock an. Ein jedes Land hat seine Weise, und seine Hüls' ein jedes Korn. Die Wirtschaft, Frau, kömmt aus dem Gleise, verliert der Mann erst Zaum und Sporn. In Sturm und Regen übernachte das Blässchen, wo es will und kann! Denn nimmer, ob sie auch verschmachte, zieh' ich den alten Flaußrock an! Mein Herzensmann, seit dreißig Jahren hab' ich in Fried' und Einigkeit mit dir viel Freud' und Leid erfahren und dich mit manchem Kind erfreut. Zum Segen zog ich alle sieben mit Wachen und Gebet heran. Nun, Männchen, lass dich immer lieben und zieh den alten Flaußrock an. Frau Käthe, die zwar niemals zanket, mag gern des Wortes sich erfreu'n; auch wird's mit Ruhe mir verdanket, lass' ich nur fünf gerade sein. Stillschweigend stand ich auf vom Sitze, ein wohlgezog'ner Ehemann, verschob aufs eine Ohr die Mütze und zog den alten Flaußrock an.
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826) [author's text not yet checked against a primary source]
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Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesResearcher for this page: Johann Winkler
Tafellied für die Freymaurer
Wie hehr im Glase blinket Der königliche Wein! Wie strömt sein Duft! O trinket, Und laßt uns fröhlich sein! Doch, fälscht ein Rebenhasser Den Feuertrank mit Wasser; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Und reicht ihm klares Wasser! Der edle Wein erweitert Des edlen Mannes Herz, Er hellt den Geist und läutert Des Wortes Ernst und Scherz. Will jemand einen Sparren Zu viel in's Dach uns narren; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch Und laßt ihm seinen Sparren! Es strahlt, wie Gottes Sonne, Die Wahrheit allgemein; Nicht Kirche, Log' und Tonne Des Denkers schließt sie ein. Wenn etwa Schälk' im Dunkeln Von eigner Wahrheit munkeln; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Und lacht der Schälk' im Dunkeln! Kocht thöricht Gold im Tiegel, Und blas't den Diamant; Raubt Salomonis Siegel, Der Geister Graun, und bannt! Doch, wird zum Trank der Jugend Gebraut der Sterne Tugend; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Nur Wein ist Trank der Jugend! Wer Messe liebt zu plärren Am hellen Frohnaltar, Der spiel' auch Tempelherren In weißem Amtstalar. Doch, trennt man uns vom Bunde Der feuchten Tafelrunde; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Und fei'rt die Tafelrunde! Bei'm Trunk gehört ein König, (So war's in alter Zeit!) Der, trinkt ein Gast zu wenig, Ihm Dreimaldrei gebeut! Doch, raunt man von Sankt Petern, Und unbekannten Vätern: Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Trotz unbekannten Vätern! Wir zechen gern in Frieden, Und glauben, was man kann! Im Osten auch und Süden Wohnt mancher Biedermann. Doch, rühmt ein Schalk uns Kloster, Tonsur und Paternoster; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Und schickt ihn heim in's Kloster! Auf! füllt das Glas, ihr Lieben, Und trinkt den lieben Wein; Sei's Dreimaldrei, sei's Sieben, Sei's gern auch Dreimalneun! Doch, sperrt ein Schalk den Schnabel Zu Pfaffentrug und Fabel; Frisch! Trommelt auf den Tisch! Alle. Frisch! Trommelt auf den Tisch! Und schlagt ihn auf den Schnabel!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Tafellied für Freimaurer", appears in Oden und Lieder, in Erstes Buch, no. 22 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesConfirmed with Sämmtliche poetische Werke von Johann Heinrich Voss, ed. by Abraham Voss, Leipzig, Immanuel Müller, 1835, pages 170-171. Note: we have corrected a typo in the first chorus ("Frischt" became "Frisch!").
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
Freundschaftsbund
Im Hut der Freiheit stimmet an Voll Ernst der Freundschaft Lied! Der ist, bei Gott! kein Ehrenmann, Dem hier sein Herz nicht glüht! Die Freundschaft stärkt in Freud' und Noth, Und folgt durch Leben und durch Tod! Erbarmend sah des Lebens Müh' Der Menschen Vater, schwieg, Erschuf die Freundschaft, wog; und sieh', Des Elends Schale stieg. Da sprach der Vater: Es ist gut! Und alles Leben hauchte Muth. Wohlthun und Wohl empfangen, lehrt Ein allgemeiner Bund. Im Kerker ist die Spinn' uns werth, Auf öder Flur ein Hund, Ein Hühnchen, das gerufen kam, Und Brot aus unsern Händen nahm. Doch wohl dir, theilt ein Menschenherz Des Lebens Mancherlei, Ein Herz, das mitfühlt Freud' und Schmerz, Verständig, gut und treu: Ein Freund, der sanft mit Rathe nützt, Und Abends traulich bei uns sitzt! Ach! ohne Freund ist öd' und stumm Das schönste Vaterland! Doch blühen heißt Elysium Ein Freund aus dürrem Sand: Er schmaus't mit uns auf grobem Zwilch, Und würzt durch Liebe Frucht und Milch. Einmüthig hält auf Recht und Pflicht, Und handelt, Freund und Freund; Doch trägt man gern, und quält sich nicht, Was jeder glaubt und meint. Der zieht den Duft der Rose vor, Der andre liebt den Nelkenflor. Gedank' und That, auch Ehr' und Glück, Vertraut man ohne Hehl; Auch Schwachheit schaut des Freundes Blick: Ihn irrt kein leichter Fehl. Selbst herber Gram an Freundesbrust Verweint sich bald in süße Lust. Ein Herz und Eine Seele sei Mit seinem Freund der Freund: Liebreich und wahrhaft, mild und frei, In Fern' und Tod vereint! Einst bringt, wer früher starb, in Glanz Dem Brudergeist den Palmenkranz! Entblößt das Haupt, ihr Freund', und weiht Der Freundschaft diesen Trank! Ihr todten Freunde, hört den Eid, Einstimmend zum Gesang; Und tröstet deß Getäuschten Gram, Der Treue gab, und Falschheit nahm! Wir schütteln herzlich uns die Hand, Und theilen Freud' und Noth! Sei dieser Druck der Freundschaft Pfand Durch Leben und durch Tod! Nichts soll und kann uns je entzwei'n! Mein Freund ist mein, und ich bin sein!
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- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Freundschaftsbund", appears in Oden und Lieder, in Erstes Buch, no. 21 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
Set by Karl Hanke (1750 - 1803), published 1797, Hamburg, Gottlieb Friedrich SchniebesConfirmed with Sämmtliche poetische Werke von Johann Heinrich Voss, ed. by Abraham Voss, Leipzig, Immanuel Müller, 1835, pages 169-170.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]