Es schneien weiße Rosen auf die Erde, Warmer Schnee schmückt milde unsere Welt; Die weiß es, ob ich wieder lieben werde, Wenn Frühling sonnenseiden niederfällt. Zwischen Winternächten liegen meine Träume Aufbewahrt im Mond, der mich betreut - Und mir gut ist, wenn ich hier versäume Dieses Leben, das mich nur verstreut. Ich suchte Gott auf unbeschienenen Wegen Und kräuselte die Lippe nie zum Spott. In meinem Herzen fällt ein Tränenregen. Wie soll ich dich erkennen lieber Gott . . . . Da ich dein Kind bin, schäme ich mich nicht Dir ganz mein Herz vertrauend zu entfalten. Schenk mir ein Lichtchen von dem ewigen Licht! - - - Zwei Hände, die mich lieben, sollen es mir halten. So dunkel ist es fern von deinem Reich O Gott, wie kann ich weiter hier bestehen. Ich weiß, du formtest Menschen, hart und weich Und weintetest gotteigen, wolltest du wie Menschen sehen. Mein Angesicht barg ich so oft in deinem Schoß Ganz unverhüllt: du möchtest es erkennen. Ich und die Erde wurden wie zwei Spielgefährten groß Und dürfen »du« dich beide, Gott der Welten, nennen. So trübe aber scheint mir gerade heut die Zeit Von meines Herzens Warte aus gesehen; Es trägt die Spuren einer Meereseinsamkeit Und aller Stürme sterbendes Verwehn.
Else Lasker-Schüler-Lieder
by Jacques Lenot (b. 1945)
1. Ein Lied an Gott  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Ein Lied an Gott"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]2. Letzter Abend im Jahr  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Es ist so dunkel heut, Man kann kaum in den Abend sehen. Ein Lichtchen loht, Verspieltes Himmelchen spielt Abendrot Und weigert sich, in seine Seligkeit zu gehen. - So alt wird jedes Jahr die Zeit. Und die vorangegangene verwandelte der Tod. Mein Herz blieb ganz für sich Und fand auf Erden keinen Trost. Und bin ich auch des Mondes Ebenich, Geleitetest auch du im vorigen Leben mich, Und sah ich auch den blausten Himmel im Gottost. O Gott, wie kann der Mensch verstehen - Das Weltall spaltet sich doch nicht -, Warum der Mensch haltlos vom Menschtum bricht, Sich wieder sammeln muß im höheren Geschehen.
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Letzter Abend im Jahr"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]3. Das Wunderlied  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Schwärmend trat ich aus glitzerndem Herzen Wogender Liebesfäden, Ganz schüchtern, hervor; Nacht im Auge, Geöffnete Lippen … Aber wo auch ein See lockte, Goldene Tränke, Starb an der Labe mein pochendes Wild In der Brust. Was soll mir der Wein deines Tisches, Reichst du mir des Herzens Mannah [*] nicht. Süß mir, wenn ich im Rauschen der Liebe Für dich gestorben wär – Nun ist mein Leben verschneit, Erstarrt meine Seele, Die lächelte sonntäglich dir Frieden ins Herz. Ich suche das Glück nicht mehr. Wo ich auch unter hochzeitlichem Morgen saß, Erfror der träumende Lotos Auf meinem Blut.
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Das Wunderlied"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]4. Gedenktag  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Das Meer steigt rauschend übers Land, Inbrünstig fallen Wasser aus den Höhen. Still brennt die Kerze noch in meiner Hand. Ich möchte meine liebe Mutter wiedersehen ...... Begraben hab’ ich meinen Leib im kühlen Sand, Doch meine Seele will von dieser Welt nicht gehen. Und hat sich von mir abgewandt. Ich wollte immer ihr ein Kleid aus Muscheln nähen; In meinen rauhen Körper wurde sie verbannt. Doch meine liebe Mutter gab sie mir zum Pfand. Ich suche meine Seele überall auf Zehen; Die nistete an meiner roten Felsenwand Und noch in meinem Auge irrt ihr Spähen.
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Gedenktag"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]5. Abendlied  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Auf die jungen Rosensträucher Fällt vom Himmel weicher Regen Und die Welt wird immer reicher. O mein Gott mein, nur alleine Ich verdurste und verweine In dem Segen. Engel singen aus den Höhen: »Heut ist Gottes Namenstag, Der all weiß von dem Geschehen.« Und ich kann es nicht verstehen, Da ich unter seinem Tag Oft so traurig erwach.
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Abendlied"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]6. Ewige Nächte  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Ich sitze so alleine in der Nacht An meinem Tisch, der trägt noch seine Lebensfarbe. Auf jede seiner Adern geb ich acht, – Mich dünkt, er blutet noch aus einer Narbe. Vielleicht stieß mal ein Messer in den Stamm Ein Mann im Walde, – seine Lust zu kühlen. Und reckte weit am Teiche in den Schlamm Die Glieder, die entlasteten zu fühlen. Er warf mit seinem Tropfen letzter Lust Die Menschheit von sich ab in einer einzigen Wehe. Ich wälze auch, wie er, mein »Ich« bewußt! Ein Volk von mir, bevor ich aus dem Leben gehe. Dich suchte unaufhörlich ich auf meinem Pfad, Nie aber kam mein Ebenmensch mir je entgegen. Und doch wurd' alles, was ich sann, zur Tat, Und hat das Wort auch tausend Jahr in mir gelegen. Und flöße Furcht ein, ob des Segens Segen, Um Dunkelheit vor meines Tisches stillem Tal: Ein wilder Jude mit dem Kopf des Baal. Verwittert – ewige Nächte ... Draußen fällt ein Regen.
Text Authorship:
- by Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), "Ewige Nächte"
See other settings of this text.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Karl Bellenberg [Guest Editor]Total word count: 719