Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.
Vor dunklem Hintergrund
Song Cycle by Christoph Alexander Garbe (b. 1977)
1. Ich lebe mein Leben  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 2, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Walter A. Aue) , "I'm living my life in spiraling gyres", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Je vis ma vie en cercles croissants", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 157.
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2. Du bist so groß  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Du bist so groß, dass ich schon nicht mehr bin, wenn ich mich nur in deine Nähe stelle. Du bist so dunkel; meine kleine Helle an deinem Saum hat keinen Sinn. Dein Wille geht wie eine Welle und jeder Tag ertrinkt darin. Nur meine Sehnsucht ragt dir bis ans Kinn und steht vor dir wie aller Engel größter: ein fremder, bleicher und noch unerlöster, und hält dir seine Flügel hin. Er will nicht mehr den uferlosen Flug, an dem die Monde blass vorüberschwammen, und von den Welten weiß er längst genug. Mit seinen Flügeln will er wie mit Flammen vor deinem schattigen Gesichte stehn und will bei ihrem weißen Scheine sehn, ob deine grauen Brauen ihn verdammen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Du bist so groß", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 27, first published 1905
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Ich komme aus meinen Schwingen heim  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Ich komme aus meinen Schwingen heim, mit denen ich mich verlor. Ich war Gesang, und Gott, der Reim, rauscht noch in meinem Ohr. Ich werde wieder still und schlicht, und meine Stimme steht; es senkte sich mein Angesicht zu besserem Gebet. Den andern war ich wie ein Wind, da ich sie rüttelnd rief. Weit war ich, wo die Engel sind, hoch, wo das Licht in nichts zerrinnt – Gott aber dunkelt tief. Die Engel sind das letzte Wehn an seines Wipfels Saum; daß sie aus seinen Ästen gehn, ist ihnen wie ein Traum. Sie glauben dort dem Lichte mehr als Gottes schwarzer Kraft, es flüchtete sich Luzifer in ihre Nachbarschaft. Er ist der Fürst im Land des Lichts, und seine Stirne steht so steil am großen Glanz des Nichts, daß er, versengten Angesichts, nach Finsternissen fleht. Er ist der helle Gott der Zeit, zu dem sie laut erwacht, und weil er oft in Schmerzen schreit und oft in Schmerzen lacht, glaubt sie an seine Seligkeit und hangt an seiner Macht. Die Zeit ist wie ein welker Rand an einem Buchenblatt. Sie ist das glänzende Gewand, das Gott verworfen hat, als Er, der immer Tiefe war, ermüdete des Flugs und sich verbarg vor jedem Jahr, bis ihm sein wurzelhaftes Haar durch alle Dinge wuchs.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 50
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