Er trat zu mir. Zweimal und ungewarnt. Und beugte sich so dicht auf mich als ob ich sein Gesicht erschauen sollte: doch er war getarnt. So – wie ein Schatten stand er vor dem Licht.
Gespräche mit dem Tod
Song Cycle by Paul von Klenau (1883 - 1946)
1.
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), written 1909, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 1
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Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]2.
Language: German (Deutsch)
Ich sprach: Das Leben war mein Herrscher immerdar : eh ich dir folge, gib auch du ihm Ehre, wie ich es tat. Du bist ein Großer zwar; doch wärst du nicht, wenn nicht das Leben wäre. Lehnsmann bist du, das Leben ist dein König. Es geht voran; du schreitest seine Pfade ihm nach und bist in Ewigkeit ihm frönig. Es hält den Lohn, die Strafe und die Gnade. Dein Schwert, o Tod, ist dir von ihm verliehn und wo es richtet, hast du zu vollziehn. Wo es gesät, da stehn die Saaten schwer. Wo es geerntet, erntest du nicht mehr. Wo es getrunken, schaust du durstig drein. Wo es frohlockt, da mußt du stille sein. Es küsset, die es liebt, und läßt sie gleiten, sorglos, und hat wohl der Geliebten viele; du aber darfst sie nur hinausgeleiten, und wo es spielt, da bist du nicht im Spiele. Wen es gekrönt, dem reißest du die Krone vom Haupte nimmer noch die goldnen Bänder; verwelkte Kränze fallen dir zum Lohne und jene Blüten, die es hinter sich mit Lachen wirft als König und Verschwender. Vasall des Lebens, sieh, ich grüße dich.
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), no title, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 2
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Language: German (Deutsch)
Ich haß dich nicht, und könnte dich fast lieben um eines Wortes willen, das einst die Geliebte sprach: „Er wird das Ende“, sprach sie, ,,unsrer Liebe sein.“ Es war nicht mehr, als wenn ein Tränlein in ein Lächeln fällt. Doch weil ein lieber Mund dich also lieb gescholten, kann ich dir gram nicht sein. Ich könnte dich fast lieben um dieses Wortes der Geliebten willen.
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), no title, written 1909, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 3
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Language: German (Deutsch)
Nichts um mich klingt. -- Ich höre keinen Ton von deiner Geige lockend um mich werben zum letzten Tanz, der mich entführt davon. Spielst du dem Leben nur? und läßt das Sterben den Tod verstummen? - Freund, ich wüßte kaum, daß du mir nah, wär nicht ein leis Verfärben im Umkreis meines Blicks, ein duftiger Flaum, der alle Dinge schattig überkleidet. - Da schreck ich auf – und weiß, es ist kein Traum, und höre unten einen, der vorüber reitet mit dumpfem Schlag, und hör mit dumpfem Schlag ein Trommelwirfeln rufen, daß es zeitet und daß es auszuziehen gilt vor Tag. Du brauchst nicht aufzuspielen, Werber! Nur mein Herz mit dumpfen Schlägen, Schlag um Schlag, ist mein Tambour, o Tod, ist mein Tambour.
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), no title, written 1909, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 4
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Language: German (Deutsch)
Mir ist, als schritte ich auf einer Brücke rückwärts hinüber und den Blick versenkt in alles, was die Erde mir geschenkt, und suchte Eine, die noch darf verweilen. Reich mir die Hand, o Tod, und laß uns eilen ; und leite vorwärts mich, so lang ich rückwärts blicke.
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), no title, written 1909, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 5
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Language: German (Deutsch)
Dich grüß ich, Freund. Denn ohne dein Geleit hat keiner der ins Sonnenlicht Entsandten den Ort gefunden, wo der Weg sich zweit; den Isthmus, der aus tagerfüllten Landen, so wunderbar, hin überführt zur Nacht – noch wunderbarer wohl – des Unbekannten. Mich lockt sie schon mit zauberschwerer Pracht ausstrahlend einen sternenhaften Schein ; und wo die Lockung ist, da ist die Macht. Denn drüben, drüben müssen Länder sein voll neuer Freuden oder neuer Plagen -- gleichviel. -- Freund dort lasse mich allein zu neuen Siegen, neuen Niederlagen. Ich will nicht Himmel, will nicht Hölle schauen, von Menschenangst in Menschenkindestagen geboren zwischen Hoffnung und dem Grau'n, und nichts von einem menscherschaffnen Gott: Dem Unbekannten sollst du mich vertrau'n, und wenn es schrecklich ist, so ist es schön, o Tod.
Text Authorship:
- by Rudolf Georg Binding (1867 - 1938), no title, written 1909, appears in Gespräche mit dem Tod, no. 6
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