by Friedrich von Hardenberg (1772 - 1801), as Novalis
Er besucht den Klostergarten und den Kirchhof, über den letztern findet sich folgendes Gedicht
Language: German (Deutsch)
Lobt doch unsre stillen Feste, Unsre Gärten unsre Zimmer Das bequeme Hausgeräte Unser Hab und Gut. Täglich kommen neue Gäste, Diese früh, die andern später, Auf den weiten Heerden immer Lodert frische Lebensglut. Tausend zierliche Gefäße Einst betaut mit tausend Tränen, Goldne Ringe, Sporen, Schwerter Sind in unserm Schatz. Viel Kleinodien und Juwelen Wissen wir in dunkeln Höhlen Keiner kann den Reichtum zählen Zählt er auch ohn Unterlaß. Kinder der Vergangenheiten, Helden aus den grauen Zeiten, Der Gestirne Riesengeister Wunderlich gesellt, Holde Frauen, ernste Meister, Kinder, und verlebte Greise Sitzen hier in Einem Kreise Wohnen in der alten Welt. Keiner wird sich je beschweren Keiner wünschen fortzugehen, Wer an unsern vollen Tischen Einmal fröhlich saß. Klagen sind nicht mehr zu hören Keine Wunden mehr zu sehen Keine Tränen abzuwischen; Ewig läuft das Stundenglas. Tief gerührt von heilger Güte Und versenkt in selges Schauen Steht der Himmel im Gemüte, Wolkenloses Blau, Lange fliegende Gewande Tragen uns durch Frühlingsauen Und es weht in diesem Lande Nie ein Lüftchen kalt und rauh. Süßer Reiz der Mitternächte, Stiller Kreis geheimer Mächte, Wollust rätselhafter Spiele, Wir nur kennen euch. Wir nur sind am hohen Ziele Bald in Strom uns zu ergießen Dann in Tropfen zu zerfließen Und zu nippen auch zugleich. Uns ward erst die Liebe, Leben, Innig wie die Elemente Mischen wir des Daseins Fluten, Brausend Herz mit Herz. Lüstern scheiden sich die Fluten Denn der Kampf der Elemente Ist der Liebe höchstes Leben Und des Herzens eignes Herz. Leiser Wünsche süßes Plaudern Hören wir allein, und schauen Immerdar in selge Augen Schmecken nichts als Mund und Kuß. Alles was wir nur berühren Wird zu heißen Balsamfrüchten Wird zu weichen zarten Brüsten, Opfer kühner Lust. Immer wächst und blüht Verlangen Am Geliebten festzuhangen Ihn im Innern zu empfangen, Eins mit ihm zu sein, Seinem Durste nicht zu wehren Sich in Wechsel zu verzehren, Von einander sich zu nähren Von einander nur allein. So in Lieb und hoher Wollust Sind wir immerdar versunken Seit der wilde trübe Funken Jener Welt erlosch, Seit der Hügel sich geschlossen Und der Scheiterhaufen sprühte Und dem schauernden Gemüte Nun das Erdgesicht zerfloß. Zauber der Erinnerungen, Heilger Wehmut süße Schauer Haben innig uns durchklungen Kühlen unsre Glut. Wunden gibts, die ewig schmerzen Eine göttlich tiefe Trauer Wohnt in unser aller Herzen Löst uns auf in Eine Flut. Und in dieser Flut ergießen Wir uns auf geheime Weise In den Ozean des Lebens Tief in Gott hinein. Und aus seinem Herzen fließen Wir zurück zu unserm Kreise Und der Geist des höchsten Strebens Taucht in unsre Wirbel ein. Schüttelt eure goldnen Ketten Mit Schmaragden und Rubinen, Und die blanken saubern Spangen Blitz und Klang zugleich. Aus des feuchten Abgrunds Betten Aus den Gräbern und Ruinen Himmelsrosen auf den Wangen Schwebt ins bunte Fabelreich. Könnte doch die Menschen wissen Unsre künftigen Genossen, Daß bei allen ihren Freuden Wir geschäftig sind. Jauchzend würden sie verscheiden Gern das bleiche Dasein missen O' die Zeit ist bald verflossen Kommt Geliebte doch geschwind. Helft uns nur den Erdgeist binden Lernt den Sinn des Todes fassen Und das Wort des Lebens finden; Einmal kehrt euch um. Deine Macht muß bald verschwinden, Dein erborgtes Licht verblassen, Werden dich in kurzem binden, Erdgeist, deine Zeit ist um.
L. Reichardt sets stanzas 1, 5, 14
Text Authorship:
- by Friedrich von Hardenberg (1772 - 1801), as Novalis [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Luise Reichardt (1779 - 1826), "Er besucht den Klostergarten und den Kirchhof, über den letztern findet sich folgendes Gedicht", stanzas 1,5,14 [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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