by Julius Mosen (1803 - 1867)
Der Witwe Töchterlein
Language: German (Deutsch)
Die Witwe weint die lange Nacht In ihres Herzens Pein; Denn, ach! zu Grabe ward gebracht Ihr einzig Töchterlein. Sie jammert laut in ihrem Schmerz: Du kennst nicht Menschennoth, Du kennest nicht ein Mutterherz, Erbarmungsloser Gott! Wie sie so ruft in bitterm Leid, Sitzt vor ihr bleich und hold Das Kind in seinem Todtenkleid, Im Kranz von Flittergold. Es schaut sie traurig an und spricht: Ach, weine nicht so sehr! Sonst kann ich zu des Himmels Licht Aufsteigen nimmermehr. Mein Kleid ist schwer, mein Kleid ist naß Von Thränen ohne Zahl, Und zieht mich ohne Unterlaß Zu dir und deiner Qual. Da kämpfte sie mit aller Macht, Bis sie den Schmerz verwand, Und wieder in der dritten Nacht Bei ihr das Kindlein stand. Sein Antlitz war so sonnenklar Und leuchtend sein Gewand; Ein Licht erglänzte wunderbar In seiner weißen Hand. Es lächelt ihr so selig zu Und spricht sie freundlich an: Süß, Mutter, ist die Grabesruh, Und Gott hat wohlgethan! Wie nun es endlich ihr entwich, Da betete sie viel, Sie lobte Gott inbrünstiglich Und ohne End' und Ziel.
Confirmed with Gedichte von Julius Mosen, zweite vermehrte Auflage, Leipzig: F. A. Brockhaus, 1843, pages 251-253.
Text Authorship:
- by Julius Mosen (1803 - 1867), "Der Witwe Töchterlein", appears in Gedichte, in Erinnerung, no. 4 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Rudolf Hirsch (1816 - 1872), as Soliny, "Der Witwe Töchterlein", op. 3 no. 1, published 1841 [voice and piano], from Zwei Balladen von J. Mosen, no. 1, Leipzig, Hofmeister [ sung text not verified ]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2016-11-28
Line count: 36
Word count: 180