by Franz von Kobell (1803 - 1882)
Hausmittel
Language: German (Deutsch)
Wenn ich, was selten mir geschieht, im Winter melancholisch werde, so zünd' ich meine Pfeife an und setz' mich hin zum Feuerherde, und wenn es knistert, zischt und flammt, und im Kamin die Winde sausen, so dicht' ich schöne Märchen mir, und die vertreiben meine Flausen. Wenn ich, was selten mir geschieht, im Frühling melancholisch werde, so leg' ich mich ins junge Gras und klag' der Quelle die Beschwerde; die murmelt dann manch tröstend Wort und wiegt erzählend mich in Schlummer, und bin ich wieder aufgewacht, so ist's vorbei mit meinem Kummer. Wenn ich, was selten mir geschieht, im Sommer melancholisch werde, so setz' ich mich zum lieben Wein und suche die verlor'ne Freude. Ihr glaubt nicht, was der Wein vermag; der weiß gar frohe, schöne Lieder, der duldet keinen schweren Sinn, und Trübsal ist ihm gar zuwider. Im Herbst, da kann es nicht gescheh'n, dass einer melancholisch werde, da macht das Jagen frisches Blut, so lang' kein Runkelfeld die Erde. D'rum ist der Herbst die schönste Zeit, die ich vor jeder andern liebe, und keine Klage hätte ich, wenn nur der Herbst beständig bliebe.
Authorship:
- by Franz von Kobell (1803 - 1882) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Benedikt Randhartinger (1802 - 1893), "Hausmittel" [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Johann Winkler
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Line count: 32
Word count: 185