by Auguste Kühn (b. 1795)
Der blinde Knabe
Language: German (Deutsch)
Komm', armer Knabe, reiche mir die Hand! Wohl blühet weit umher das reiche Land, Dir aber schweigt das Leben nah' und fern, Denn tiefe Nacht deckt deinen Augenstern. Du Armer siehst des Äthers blaues Licht, Den Rosenglanz des Morgenhimmels nicht, In's Blumenmeer von Farb' und Duft umhaucht, Hat nimmer trunken sich dein Blick getaucht. Beklag' mich nicht in meiner dunkeln Welt, Ein inn'res Licht hat meine Nacht erhellt; Schweigt ewig mir des äußern Lebens Lust, Ein sel'ger Lenz blüht tief mir in der Brust. Da zeigt sich mir ein Hügel frisch und grün, Den wundersame Blumen hold umblühn, Und oben von dem Hügel schaut Ein Kreuz herab, wie aus Smaragd erbaut, Und von dem Kreutze bis zum Himmelsthor Ragt eine goldne Leiter steil empor, und Engel steigen lächelnd auf und ab, Und schauen oft recht mild auf mich herab. Wie Silber leuchtet ihrer Flügel Glanz, Ihr Goldgelock durchweht ein Blumenkranz, Und goldne Harfen klingen hell und rein In zarter Hand der lieben Engelein. Sie winken mir zu ihrer Höh' hinauf, Dort aber thut ein Saphirthor sich auf, Ein Thron erscheint von Sternen rings umkränzt, Die hehre Himmelskrone drüber glänzt; Doch, der drauf sitzt, den hüllen Flammen ein, Ein Lichtmeer ist sein schwacher Wiederschein, Nur hört man fernen Seraphim-Gesang, Durchtönet von der Sternenleyer Klang; Der Engel Harfen klingen leis' hinein Und wiegen mich in süßen Schlummer ein. Erwach' ich dann, -- weg ist wohl das Gesicht, Doch lebt's in mir, drum klag' und wein' ich nicht; Denn der, dem Himmelslicht die Brust erfüllt, Ist selig, wenn auch Nacht sein Aug' umhüllt.
Confirmed with Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Nr. 117, Sep. 29th, Wien, 1827, page 467.
See Trostlied der Blinden, which adapts some lines from the first stanza.
Text Authorship:
- by Auguste Kühn (b. 1795), "Der blinde Knabe" [author's text checked 1 time against a primary source]
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