by Caroline Pichler (1769 - 1843)
Was reget die Stadt sich in fröhlicher...
Language: German (Deutsch)
Was reget die Stadt sich in fröhlicher Hast? Was rennet das Volk durch die Gassen? Es strömet hinein in den Kaiserpallast, Von dort durch das Thor auf die Straßen, Und weithin an Fenstern, auf Wällen, auf Wegen Harrt Alles kommenden Freuden entgegen. Horch! Horch! Das ist der Trompeten Hall. Siehst du's dort blinken von weiten? Siehst du den langsam nahenden Schwall In geschlossenen Gliedern reiten? Wie zieht aus den Waffen, in denen sie prunken, Die Mittagssonne so blendende Funken! Sie sind es - es ist die tapfere Schar, Die den schönen Vorzug errungen, Die einst im Augenblick höchster Gefahr Die frechen Rebellen bezwungen, Da ward ihr das köstliche Recht verliehn, Durch die Stadt, durch die Burg des Kaisers zu ziehn. Ein furchtbarer Schwindel entflammte das Land, Vom Glauben der Väter gefallen, Durchziehen es Horden mit Raub und Brand Bis nah' an die fürstlichen Hallen; Denn über und unter den scheidenden Fluthen Der Enns entbrennen des Aufruhrs Gluthen. Jetzt wälzt er zur Kaiserstadt wild sich heran Auf weithin verheereten Flächen; Der Übermuth borget die Maske vom Wahn, Die Bande der Pflicht zu zerbrechen, Er sinnt durch Gewalt den Kaiser zu zwingen, Und sinnet, sich trotziges Recht zu erringen. In der Väter Burg, von den Feinden beengt, Von den eigenen Ständen verrathen, Von stündlich wachsendem Jammer bedrängt, Den Aufruhr im Herzen der Staaten, Und fern die kleine Schar der Getreuen, Die für Recht und Pflicht dem Tode sich weihen, So stand er, der Zweyte Ferdinand, Ein Fels im Wogengewimmel; Nicht konnt' er vertrauen auf Volk und Land, Da vertraute sein Herz sich dem Himmel, Da warf er mit brünstig fleh'nder Geberde Sich hin vor dem Bild des Erlösers zur Erde. Ihm lebte hohes Vertraun in der Brust Und kindlich ergebenes Hoffen, Er war sich des reinen Willens bewußt, Sein Herz dem Ewigen offen; So fleht' er zu dem, der die Schickungen leitet, Der Sperlinge zählt, und Welten bereitet. Und wie er mit Gott im Gebethe ringt, Da schweiget der Sorgen Getümmel, Ein leiser Ton in der Seel' ihm erklingt, Als käme die Stimme vom Himmel; Jetzt glaubt er der Töne Sinn zu fassen: "Ich werde dich, Ferdinand, nimmer verlassen!" Ermuthiget steht vom Gebeth' er auf, Da horch! ein dumpfes Geräusche! Durch die Säle schallet der Eilenden Lauf Und wilder Stimmen Gekreische! Die Rebellen sind's, die zum Kaiser dringen, Ihn trotzig zu schmählichem Weichen zu zwingen. Sie umstehn ihn drängend, voll wachsenden Grimms, Er soll, was sie fordern, gewähren; Kaum kann er des wüthenden Ungestüms Des frechen Schwarms sich erwehren - Da schallet auf einmahl Trompeten-Geschmetter, Da füllt sich der Burghof - da sind die Erretter! Sie sind's! - Es ist die getreue Schar, Die den schönen Vorzug errungen, Der jetzt, im Augenblick höchster Gefahr, Das Werk der Rettung gelungen; Drob ward ihr das köstliche Recht verliehen, Durch die Stadt, durch die Burg des Kaisers zu ziehen. Es trugen herab sie vom fernen Gestad Der Donau befreundete Wellen; Still drangen sie ein in die zagende Stadt, Verborgen dem Blick der Rebellen, Des Kaisers geheiligtes Haupt zu befreyen, Der Empörer Schar, wie Spreu, zu zerstreuen. So gehet nicht unter, wer Gott vertraut, Wer mit Muth und kräftigem Willen Auf Ein Ziel, als das höchste, nur schaut, Entschlossen, sein Loos zu erfüllen, Und unter des Schicksals gewaltigen Streichen, Vom Wege des Rechten kein Haar breit zu weichen. Die heilige Kraft des Glaubens trägt Ihn auf mehr als irdische Höhen. Wie stürmisch es auch sich um ihn bewegt, Sein Muth kann nie vergehen! Ihm strahlen aus ewig heiterer Ferne, Der Hoffnung niemahls verlöschende Sterne. Und schnell - im entscheidenden Augenblick, - Sieht er Alles sich anders gestalten; Er sieht sein nächtlich drohend Geschick Sich heiter und mild entfalten; Und danket dem Himmel aus treuem Herzen, Für der Rettung Glück, für der Prüfung Schmerzen.
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Confirmed with Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. Erster Jahrgang, 1810. Wien, gedruckt und im Verlage bey Anton Strauß. Freytag den 16. und Montag den 19. März 1810. Nr. 33 und 34, pages 141-142.
Text Authorship:
- by Caroline Pichler (1769 - 1843), first published 1810 [author's text checked 1 time against a primary source]
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