by Aloys Wilhelm Schreiber (1761 - 1841)
Weiblicher Sinn
Language: German (Deutsch)
Was sanft und mild und mit bescheidner Sitte Zum Ernst des Lebens reiht das heitre Spiel, Und an den frommen Wunsch die zarte Bitte: Es ist das schöne weibliche Gefühl. Was sorglos um des Lebens Blüthen webet, Still pflegend jeden köstlichen Gewinn, Und unbewußt zum Schönen sich erhebet: Es ist des Weibes unbefangner Sinn. Was anspruchlos der Kraft des Mannes weichet, Erröthend, die sie sanft verzeiht, der Schuld; Durch milde Nachtsicht stets ihr Ziel erreichet: Es ist des Weibes freundliche Geduld. Was überwallt in heilig süße Thränen, Wird zärtlich es gerührt von Lust und Schmerz, Von nahem Glück, von niegestilltem Sehnen: Es ist des Weibes zartbesaitet Herz. Was demuthsvoll auf neue Hoffnung schauet, Ist ihm des Glückes Augenblick verblüht, Und kindlich einer höhern Macht vertrauet: Es ist das hohe weibliche Gemüth. Was Honig saugt aus jeder Lebensblume, Des strengen Richters Urtheil mildern heißt, Und sich das Rechte wählt zum Eigenthume: Es ist des Weibes engelreiner Geist. Was ew'gen Einklang in sich selbst gefunden, Sich heiter stets der strengen Pflicht ergibt, Gestärkt von der Erinn'rung schöner Stunden: Es ist das Herz des Weibes, wenn es liebt!
Confirmed with Journal für deutsche Frauen, zweiter Jahrgang, zweiter Band, ed. by Wieland, Rochlitz und Seume, Leipzig: Georg Joachim Göschen, 1806, pages 35 - 36. Appears in issue for Juli [July].
Authorship:
- by Aloys Wilhelm Schreiber (1761 - 1841), "Weiblicher Sinn" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Friedrich Wilhelm Berner (1780 - 1827), "Weiblicher Sinn" [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2020-11-11
Line count: 28
Word count: 185