by Paul Haller (1882 - 1920)
Das spulende Kind
Language: German (Deutsch)
Hundert Kinder, schulentsprungen, ziehn die Sonntagskleidlein an. Lustig in den buten Röcken, und mit spitzen Wanderstöcken, aus dem Städtlein geht's bergan. Vor der Tür beim letzten Häuschen steht der ärmsten Mutter Kind: Augen, tränenschwer beladen, schickt es nach den Kameraden, die im Wald verschwunden sind. Kehrt zur düstern Hinterkammer, wo am Rad die Mutter schilt: "Spulen hilf mir, statt zu gaffen!" Still beginnt das Kind zu schaffen, und die Spule dreht sich wild. Doch die kleine Seele wandert, nimmt den Lauf zum Berg empor, sucht die Spur der Kameraden, klettert auf den steilen Pfaden und durch's schwarze Felsentor. An den lichten Blumenhängen freudig holt sie ein den Zug, singt und spielt im Kinderreigen, bricht das Blust von jungen Zweigen, hascht den Schmetterling im Flug. Hundert Kinder, schulentsprungen, schwärmen mit dem Frühlingswind. Glauben nicht, daß eines fehle, denn mit ihnen spielt die Seele, und zu Hause spult das Kind.
Authorship:
- by Paul Haller (1882 - 1920) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Walter Lang (1896 - 1966), "Das spulende Kind", op. 14 (Sechs Lieder) no. 6, published 1926 [ voice and piano ] [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Harry Joelson
This text was added to the website: 2007-06-06
Line count: 30
Word count: 148