by Eduard Mörike (1804 - 1875)
Vom Sieben‑Nixen‑Chor
Language: German (Deutsch)
Our translations: FRE
Manche Nacht im Mondenscheine Sizt ein Mann von ernster Schöne, Sizt der Magier Drakone, Auf dem Gartenhausbalkone, Mit Prinzessin Liligi; Lehrt sie allda seine Lehre Von der Erde, von dem Himmel, Von dem Traum der Elemente, Vom Geschick im Sternenkreise. Laß es aber nun genug seyn, Mitternacht ist lang vorüber, Spricht Prinzessin Liligi, Und nach solchen Wunderdingen, Mächtigen und ungewohnten, Lüstet mich nach Kindermährchen, Lieber Mann, ich weiß nicht wie! "Hörst du gern das Lied vom Winde, Das nicht End' noch Anfang hat, Oder gern vom Königskinde, Gerne von der Muschelstadt?" Singe du so heut wie gestern Von des Meeres Lustrevier, Von dem Haus der sieben Schwestern Und vom Königssohne mir. "Zwischen grünen Wasserwänden Sitzt der Sieben-Nixen-Chor; Wasserrosen in den Händen, Lauschen sie zum Licht empor. Und wenn oftmals auf der Höhe Schiffe fahren, schattengleich, Steigt ein siebenfaches Wehe Aus dem stillen Wasserreich. Dann, beim Spiel von Zauberglocken, Drehn die Schwestern sich im Tanz, Schütteln wild die grünen Locken Und verlieren Gurt und Kranz. Und das Meer beginnt zu schwanken, Well' auf Welle steigt und springt, Alle Elemente zanken Um das Schiff, bis es versinkt." Also sang in Zaubertönen Süß der Magier Drakone Zu der lieblichen Prinzessin; Und zuweilen, im Gesange, Neiget er der Lippen Milde Zu dem feuchten Rosenmunde, Zu den hyazintheblauen, Schon in Schlaf gesenkten Augen Der bethörten Jungfrau hin. Diese meint im leichten Schlummer, Immer höre sie die Lehre Von der Erde, von dem Himmel, Vom Geschick im Sternenkreise, Doch zulezt erwachet sie: Laß es aber nun genug seyn! Mitternacht ist lang vorüber, Und nach solchen Wunderdingen, Mächtigen und ungewohnten, Lüstet mich nach Kindermährchen, Lieber Mann, ich weiß nicht wie! "Wohl! - Schon auf des Meeres Grunde Sitzt das Schiff mit Mann und Maus, Und die Sieben in die Runde Rufen: Schönster, tritt heraus! Rufen zierlich mit Verneigen: Komm! es soll dich nicht gereu'n; Woll'n dir unsre Kammer zeigen, Wollen deine Mägde seyn. - Sieh, da tritt vom goldnen Borde Der bethörte Königssohn, Und zu der korallnen Pforte Rennen sie mit ihm davon. Doch man sah nach wenig Stunden, Wie der Nixenbräutigam, Todt, mit sieben rothen Wunden, Hoch am Strand des Meeres schwamm." Also sang in Zaubertönen Süß der Magier Drakone; Und zuweilen, im Gesange, Neiget er der Lippen Milde Zu dem feuchten Rosenmunde, Zu den hyazintheblauen, Schon in Schlaf gesenkten Augen Der bethörten Jungfrau hin. Sie erwacht zum andern Male, Sie verlanget immer wieder: Lieber Mann, ein Kindermährchen Singe mir zu guter Lezt'! Und er singt das lezte Mährchen, Und er küßt die lezten Küsse; Lied und Kuß hat ausgeklungen, Aber sie erwacht nicht mehr. Denn schon war die dritte Woche, Seit der Magier Drakone Bei dem edeln Königskinde Seinen falschen Dienst genommen; Wohlberechnet, wohlbereitet Kam der lezte Tag heran. Jetzo fasset er die Leiche, Schwingt sich hoch im Zaubermantel Durch die Lüfte zu dem Meere, Rauschet nieder in die Wogen, Klopft an dem korall'nen Thor, Führet so die junge Fürstin, Daß auch sie zur Nixe werde, Als willkommene Genossin In den Sieben-Nixen-Chor.
Text Authorship:
- by Eduard Mörike (1804 - 1875), "Vom Sieben-Nixen-Chor", appears in Schiffer- und Nixen-Mährchen, no. 1 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Fritz Franz Schieri (1922 - 2009), "Vom Sieben-Nixen-Chor", 1982/3 [ soprano and baritone, mixed chorus and piano ] [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Du Chœur des Sept Sirènes", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2007-06-30
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