by Heinrich Heine (1797 - 1856)
Das ist der Teutoburger Wald
Language: German (Deutsch)
Das ist der Teutoburger Wald, Den Tacitus beschrieben, Das ist der klassische Morast, Wo Varus steckengeblieben. Hier schlug ihn der Cheruskerfürst, Der Hermann, der edle Recke; Die deutsche Nationalität, Die siegte in diesem Drecke. Wenn Hermann nicht die Schlacht gewann, Mit seinen blonden Horden, So gäb es deutsche Freiheit nicht mehr, Wir wären römisch geworden! In unserem Vaterland herrschten jetzt Nur römische Sprache und Sitten, Vestalen gäb es in München sogar, Die Schwaben hießen Quiriten! Der Hengstenberg wär ein Haruspex Und grübelte in den Gedärmen Von Ochsen. Neander wär ein Augur Und schaute nach Vögelschwärmen. Birch-Pfeiffer söffe Terpentin, Wie einst die römischen Damen. (Man sagt, daß sie dadurch den Urin Besonders wohlriechend bekamen.) Der Raumer wäre kein deutscher Lump, Er wäre ein röm'scher Lumpacius. Der Freiligrath dichtete ohne Reim, Wie weiland Flaccus Horatius. Der grobe Bettler, Vater Jahn, Der hieße jetzt Grobianus. Me hercule! Maßmann spräche Latein, Der Marcus Tullius Maßmanus! Die Wahrheitsfreunde würden jetzt Mit Löwen, Hyänen, Schakalen Sich raufen in der Arena, anstatt Mit Hunden in kleinen Journalen. Wir hätten _einen_ Nero jetzt, Statt Landesväter drei Dutzend. Wir schnitten uns die Adern auf, Den Schergen der Knechtschaft trutzend. Der Schelling wär ganz ein Seneca, Und käme in solchem Konflikt um. Zu unsrem Cornelius sagten wir: «Cacatum non est pictum.» Gottlob! Der Hermann gewann die Schlacht, Die Römer wurden vertrieben, Varus mit seinen Legionen erlag, Und wir sind Deutsche geblieben! Wir blieben deutsch, wir sprechen deutsch, Wie wir es gesprochen haben; Der Esel heißt Esel, nicht asinus, Die Schwaben blieben Schwaben. Der Raumer blieb ein deutscher Lump In unserm deutschen Norden. In Reimen dichtet Freiligrath, Ist kein Horaz geworden. Gottlob, der Maßmann spricht kein Latein, Birch-Pfeiffer schreibt nur Dramen, Und säuft nicht schnöden Terpentin Wie Roms galante Damen. O Hermann, dir verdanken wir das! Drum wird dir, wie sich gebühret, Zu Detmold ein Monument gesetzt; Hab selber subskribieret.
W. Rihm sets stanzas 1-3
About the headline (FAQ)
Authorship:
- by Heinrich Heine (1797 - 1856), no title, appears in Deutschland. Ein Wintermärchen, no. 11 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Wolfgang Michael Rihm (b. 1952), "Das ist der Teutoburger Wald", 1997-8, first performed 1998, stanzas 1-3 [duet for mezzo-soprano and baritone with orchestra], from Deutsches Stück mit Hamlet, no. 6. [text verified 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2008-01-27
Line count: 64
Word count: 309