by Stefan Zweig (1881 - 1942)
Lind weht der Abendfriede in die stille...
Language: German (Deutsch)
Lind weht der Abendfriede in die stille Stadt, Der Sonne goldnes Blut verströmt in den Kanälen, Und eine Sehnsucht, die nicht Weg und Worte hat, Beginnt nun von den grauen Türmen zu erzählen. Die alten Glocken singen dumpf und wunderbar Von Tagen, da ihr Jubelruf das Land umspannte, Des Lebens Glanz tief unten in den Straßen war Und fackelfroh das Wimpelspiel des Hafens brannte, Von reichen Tagen wundersam und längst verglüht Und die wie erster Kindertraum so fern geworden. Das Ave schweigt ... Und langsam stirbt der Glocken Lied Und zittert aus in leise bebenden Akkorden. Die letzten Töne nimmt ein lauer Abendwind, Und einsam irrt der Nachhall in die toten Gassen, Die alle schweigsam und ganz schmerzverschüchtert sind, Ein blindes Kind, das jäh die Führerhand verlassen. – Durchs stille Wasser streift ein wildes Schwanenpaar, Und leise raunt die Flut, die schwingensacht erschauert, Von einer schönen Frau, die Königin einst war Und nun im dunklen Nonnenkleide einsam trauert ...
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Confirmed with Stefan Zweig, Die frühen Kränze, Im Insel-Verlag Leipzig 1917 Zweite Auflage
Authorship:
- by Stefan Zweig (1881 - 1942), no title, appears in Die frühen Kränze, in Fahrten, in Brügge, no. 4 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Elaine Fine (b. 1959), "Lind weht der Abendfriede in die stille Stadt", subtitle: "Moderato", 2019 [ bass-baritone, piano ], from Four Images of Brügge, no. 4 [sung text not yet checked]
- by Richard Maux (1893 - 1971), "Lind weht der Abendfriede in die stille Stadt", op. 145 no. 4 (1922-1923) [ voice and piano ], from Brügge, no. 4, Nachlass [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
This text was added to the website: 2023-05-14
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