by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894)
In der Sommernacht
Language: German (Deutsch)
Nun rasch hinaus in die Sommernacht; Die Wolken wandern so sacht, so sacht, Die Blätter säuseln so leise. Die Rose neigt zu der Lilie sich: "Du Reine, du feine, wie lieb' ich dich!" Und küßt sie heimlicherweise. Vorbei an den Gärten, hinab zur Au! Die Wiese duftet, es glänzt der Thau In des Mondes friedlicher Helle. Fernab im Grunde das Mühlrad geht, Und neben der Lind' auf dem Hügel steht Schneeweiß die kleine Kapelle. Wie ist so schön und so still die Welt; Wie weich der Himmel im Arm sie hält, Und die Menschen schlafen und träumen! Doch rasch am Weiher, am Kreuz vorbei; Schon seh' ich das Licht in der Försterei Am Waldrand unter den Bäumen. Was rief man mich bei nächtlicher Zeit? Erkrankte der Knabe, die lockige Maid, Großmutter, die greise, die gute? Weit offen die Thür; es springt heraus Ein Hund, er winselt, er zieht mich ins Haus; Ich folge mit bangem Muthe. Der Förster, der brave, da liegt er todt! Die straffen Kleider von Blut so roth, In der Brust zwei tückische Wunden. Im finstern Gesicht noch Schmerz und Zorn; So ward er im Walde, am Wichtelborn, Von seinem Knechte gefunden. Die Alte stiert, wie ein Bild von Stein, Sprachlos ins Leere; die Kinder schrein; Das Weib kniet neben der Leiche. Sie hält umschlungen den todten Mann, Sie wimmert und weint, sie redet ihn an, Sie küßt ihm die Stirn, die bleiche. Sie streichelt den Hund, der zu ihr kroch, Sie klagt und sie klagt um Einen noch, Um den viel Thränen geflossen. "O Mutter!" ruft sie, und rauft ihr Haar, "Der Wilddieb war es, dein Sohn, es war Mein Bruder, der ihn erschoffen!" -- Wie ist der Jammer so groß, so groß, Und das Leben so arm und so hoffnungslos Im Forsthaus unter den Bäumen! Und so still und so schön ist draußen die Welt, Das Mondlicht dämmert auf Wald und Feld Und die Menschen schlafen und träumen.
Confirmed with Herbstblätter: Nachgelassene Gedichte von F. W. Weber, Drittes Buch, Paderborn: Verlag von Ferdinand Schöningh, 1896, page 260 - 262.
Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894), appears in Herbstblätter: Nachgelassene Gedichte [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Ludwig Bonvin (1850 - 1939), "In der Sommernacht", op. 39, published 1898 [baritone, mixed chorus, and piano], Leipzig, Breitkopf & Härtel [ sung text not verified ]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
This text was added to the website: 2017-07-15
Line count: 48
Word count: 322