by Johann Christoph Gottsched (1700 - 1766)
Zufriedenheit! mein auserwehlter Schatz
Language: German (Deutsch)
Available translation(s): ENG
Zufriedenheit! mein auserwehlter Schatz, Komm, labe mich durch deine Güter, Mein ganzes Herz gibt deiner Gottheit Platz Und spottet mürrender Gemüther. Was hilft der Gram, der Geist und Cörper quält, Die Kräfte schwächt, das Leben kürzet, Ich klage nicht, wiewohl mir manches fehlt, Ein Thor, der sich in Kummer stürzet! Ein heitrer Geist, das ist mein bester Ruhm: Mich schrecken nicht des Pöbels Träume, Ein freies Herz, das ist mein Eigenthum, Mein Zeitvertreib sind meine Reime. Ich strebe nicht nach Titeln, Geld und Gut, Was ist so hoch als weise Geister? Was ist so reich als ein gesetzter Muth? Des Glückes Herr, des Unglücks Meister? Man nennt mich arm: Doch hab ich stets genug. Ich wünsche mich kein fettes Erbe. Wenn mancher Sohn den Vater niederschlug, So wüsch ich, daß er niemals sterbe! Mein Kleid ist schlecht, mein Beutel klein und leer, Mein Bette schmahl, mein Zimmer enge, Doch mach ich mir das Leben niemahls schwer, Was sollte mir der Güter Menge? Dort sitzt ein Thor in lauter Überfluß Und martert sich durch lauter Sorgen, Ihm mangelt nichts, wiewohl er darben muß, Man sieht ihn oft von Ärmen borgen. Ein Thaler bringt mir mehr Ergetzlichkeit Als ihm ein Gold-gefüllter Kasten, Der Geitzhals darbt und hungert jederzeit, Und ich, Gottlob! darf niemals fasten. Zwar weiß die Welt von meinem Namen nicht. Kein Zeitungs-Blatt rühmt meine Thaten, Doch wenn kein Mohr und Perser von mir spricht, Ist mir deswegen doch gerathen. Kennt mich ein Freund, der Witz und Tugend liebt, So darf mich weiter niemand kennen; Und wenn kein Fürst mir Gnaden-gelder gibt: Darf ich mich seinen Knecht nicht nennen. [Doch hat es mir noch nie an]1 Lust gefehlt; Denn Welt und Himmel ist mein eigen. Des Reichen Hand hat nur das Geld gezehlt, Mir täglich neue Lust zu zeugen. Sein Haus und Hof, Staat, Garten, Wald und Feld Bringt ihm die Last und mir die Freude, Und wenn er gleich den Namen Herr behält, Geniessen wirs doch alle Beide. Kein Zufall macht mein Herze mißvergnügt, Kein Ungemach kann mich betrüben, Was mich betrifft, das hat der Herr gefügt, Das läßt sich mein Gemüth belieben. Trifft mir ein Schmerz; ganz recht; so sollt es sein: Die Vorsicht hat ihn mir erlesen. Mißlingt ein Wunsch; Ich finde mich darein, Vielleicht ist mirs nicht gut gewesen. So wohnt mein Herz in einer Felsen-Brust, Die nichts als Schand und Laster scheuet, Denn bin ich mir nichts sträfliches bewust, Verlaß ich alles was mir dreuet. Ja fiele gleich der Bau des Himmel ein, Und schlüge diese Welt in Stücken; So Fall und Schlag, so herzhaft will ich sein! Mich kühn und unverzagt erdrücken.
G. Telemann sets stanza 6
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View original text (without footnotes)Confirmed with Oden der deutschen Gesellschaft in Leipzig, in vier Bücher abgetheilet, Leipzig: Joh. Fried. Gleditschens sel. Sohn, 1728, pages 305 - 307. Appears in Der deutschen Gesellschaft Oden, vierdtes [sic] Buch, in IV. Ode.
1 Telemann: "Es hat mir noch an keiner"
Authorship:
- by Johann Christoph Gottsched (1700 - 1766), "Die Zufriedenheit" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Georg Philipp Telemann (1681 - 1767), "Anderer Last unsre Lust", stanza 6 [ voice and piano ] [sung text checked 1 time]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Poppy Holden) , "Their burden, our joy", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
Research team for this page: Poppy Holden , Melanie Trumbull
This text was added to the website between May 1995 and September 2003.
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