by Heinrich Heine (1797 - 1856)
Von Cöllen bis Hagen kostet die Post
Language: German (Deutsch)
Von Cöllen bis Hagen kostet die Post Fünf Thaler sechs Groschen Preußisch. Die Diligence war leider besetzt Und ich kam in die offene Beyschais'. Ein Spätherbstmorgen, feucht und grau, Im Schlamme keuchte der Wagen; Doch trotz des schlechten Wetters und Wegs Durchströmte mich süßes Behagen. Das ist ja meine Heimathluft! Die glühende Wange empfand es! Und dieser Landstraßenkoth, er ist Der Dreck meines Vaterlandes! Die Pferde wedelten mit dem Schwanz So traulich wie alte Bekannte, Und ihre Mistküchlein dünkten mir schön Wie die Aepfel der Atalante! Wir fuhren durch Mühlheim. Die Stadt ist nett, Die Menschen still und fleißig. War dort zuletzt im Monat May Des Jahres Ein und dreyzig. Damals stand alles im Blüthenschmuck Und die Sonnenlichter lachten, Die Vögel sangen sehnsuchtvoll, Und die Menschen hofften und dachten - Sie dachten: "Die magere Ritterschaft Wird bald von hinnen reisen, Und der Abschiedstrunk wird ihnen kredenzt Aus langen Flaschen von Eisen! "Und die Freiheit kommt mit Spiel und Tanz, Mit der Fahne, der weiß-blau-rothen; Vielleicht holt sie sogar aus dem Grab Den Bonaparte, den Todten!" Ach Gott! die Ritter sind immer noch hier, Und manche dieser Gäuche, Die spindeldürre gekommen in's Land, Die haben jetzt dicke Bäuche. Die blassen Canaillen, die ausgesehn Wie Liebe, Glauben und Hoffen, Sie haben seitdem in unserm Wein Sich rothe Nasen gesoffen - - - Und die Freiheit hat sich den Fuß verrenkt, Kann nicht mehr springen und stürmen; Die Trikolore in Paris Schaut traurig herab von den Thürmen. Der Kaiser ist auferstanden seitdem, Doch die englischen Würmer haben Aus ihm einen stillen Mann gemacht, Und er ließ sich wieder begraben. Hab' selber sein Leichenbegängniß gesehn, Ich sah den goldenen Wagen Und die goldenen Siegesgöttinnen drauf, Die den goldenen Sarg getragen. Den Elisäischen Feldern entlang, Durch des Triumphes Bogen, Wohl durch den Nebel, wohl über den Schnee, Kam langsam der Zug gezogen. Mißtönend schauerlich war die Musik. Die Musikanten starrten Vor Kälte. Wehmüthig grüßten mich Die Adler der Standarten. Die Menschen schauten so geisterhaft In alter Erinn'rung verloren - Der imperiale Mährchentraum War wieder herauf beschworen. Ich weinte an jenem Tag. Mir sind Die Thränen in's Auge gekommen, Als ich den verschollenen Liebesruf, Das Vive l'Empereur! vernommen.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), no title, appears in Deutschland. Ein Wintermärchen, no. 8 [author's text checked 1 time against a primary source]
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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